Mittwoch, 23. Dezember 2009

Tragödie? WALLENSTEIN



Kleines Luftkämpfchen: Zwei Krähen ärgern einen Bussard, der sich in der Luft sonnte, bei -3 bis 0°C

- Tragödie? : " Nordirland. Eine erschütternde Familientragödie
Der Anführer der katholischen Sinn Fein hat sich offenbart: Sein Vater - Gerry Adams senior - hat seine Kinder missbraucht, Bruder Liam tat es ihm gleich und ist auf der Flucht vor der Polizei. Diese Familientragödie hat auch eine Wirkung auf den schwierigen nordirischen Friedensprozess. ... " 22.12.09 FAZ
Gewaltlust, keine Tragik. Katholischer Klerikalnationalismus, blutiger IRA-Terrorismus und primitivste Sexualgewalt gegen die eigenen Kinder - da gibt es keine Widersprüche. Da ist gar nichts tragisch, da ist eines nur schlimmer als das andere. 'Tragisch' ist, wenn zwei Normen in unauflöslichen Widerstreit geraten: etwa dem staatlichen Gesetz gehorchen zu müssen und dem der Familiensittlichkeit zugleich, wie in der antiken Tragödie der ANTIGONE des Sophokles dargestellt.- Zu denken gibt dreierlei: das Auftreten dieses kriminellen Verhaltens gleichermaßen bei zwei Brüdern, was auf eine genetische Komponente hinweisen könnte, und zum anderen das Zusammengehen mit einer Führerrolle im Rahmen des IRA-Terrors, in beiden Bereichen ist die Bereitschaft zur skrupellosen Gewaltanwendung das Fundament; drittens schließlich fällt erneut der enge Zusammenhang von Lust und Gewalt bei diesen Männern auf, was an einen phylogenetischen männlichen Faktor denken läßt. Man könnte ihn den "Raub-der-Sabinerinnen-Faktor" nennen.

- Der Tendenz, banale Unfälle und Verbrechen "tragisch" zu nennen, sollte man keinen Vorschub leisten, weil eine Differenzierung immer sinnvoll ist. Die Sprache ist ungenau genug. Eine tragische Schuld im weitesten Sinne entsteht ohne ein subjektives Verschulden, belastet aber trotzdem. Die Adams-Gangster sind einfache, üble Verbrecher, erst dem Sohn gelang, sich von dem Serienmorden zu lösen, worin wenig Verdienst liegt, auch wenn es für den Verbrecher selbst eine Arbeit darstellt. Gerry Adams jun. wurde jedoch dazu gezwungen, seit Sean O'Casey Stücken in den zwanziger Jahren stand die mörderische Praxis der IRA unter Anklage, immer wieder erneuert durch Beiträge wie Brendan Behans "Die Geisel" von 1958. Immer mehr IRA-Mitglieder wandten sich von der Politverbrecherbande ab und bezahlten das oft mit dem Tod - ermordet als "Verräter" von den Adams-Leuten.

- WALLENSTEIN, Ein dramatisches Gedicht nennt es Schiller, Goethe riet ihm, es in drei Teile zu gliedern. "Wie der Krieg, dieser formlos hinundherwogende, irre europäische Weltkrieg, dem Wallenstein nach vierzehn oder fünfzehn Jahren hatte ein Ende setzen wollen, noch vierzehn oder fünfzehn Jahre weiterging, bleibt zu erinnern", schreibt Golo Mann in seinem "Wallenstein" (S. 1161). Bleibt zu erinnern, ja, diese ganze schreckliche Zeit, dieser entsetzliche Krieg, der Deutschland zu zwei Dritteln entvölkerte, man lese auch dem Grimmelshausen, der Krieg, der die deutsche Geschichte entscheidend beeinflußte, er kommt in der Restschule, die das Gymnasium wurde, kaum oder gar nicht mehr vor. Wenn Schillers WALLENSTEIN gelegentlich noch auf die Bühne kommt, zerhackt ihn ein berufspubertierender Regisseur zur Unkenntlichkeit, wie das die reguläre Praxis des geistloserbärmlichen Regietheaters ist. Gelegentlich wird man überrascht: ein Theaterveteran aus vergangenen Zeiten, als der Gang ins Theater noch möglich war, bringt im gut besuchten kleinen Privattheater einen werkgetreuen WALLENSTEIN auf die Bühne vor einem Publikum, dessen Alterszusammensetzung den Niedergang des deutschen Schulsystems bei stets vermehrtem Mittelzufluß dokumentiert. Bravo dem Veteranen!

- Thränen des Vaterlandes / Anno 1636

Wir sind doch nuhmehr gantz/ ja mehr den gantz verheeret!

Der frechen völcker schaar/ die rasende posaun

Das vom blutt fette schwerdt/ die donnernde Carthaun

Hat aller schweis/ vnd fleis/ vnd vorraht auff gezehret.

Die türme stehn in glutt/ die Kirch ist vmgekehret.

Das Rahthauß ligt im graus/ die starcken sind zerhawn,

Die Jungfrawn sind geschändt/ und wo wir hin nur schawn,

Ist fewer/ pest/ und todt der hertz vnd geist durchfehret.

Hir durch die schantz vnd Stadt/ rint alzeit frisches blutt.

Dreymall sindt schon sechs jahr als unser ströme flutt,

Von leichen fast verstopfft/ sich langsam fort gedrungen,

Doch schweig ich noch von dem was ärger als der todt,

Was grimmer den die pest/ vnd glutt vnd hungers noth,

Das auch der selen schatz/ so vielen abgezwungen.

(Überwiegend originale Schreibweise) Andreas Gryphius ( *1616 in Glogau, Schlesien; †1664 ebenda; eigentlich Andreas Greif)