Donnerstag, 25. November 2010

Fromme Kurven






The First Thanksgiving at Plymouth
by Jennie A. Brownscombe (1850-1936)
(Wiki.)




- Johann Adolf Hoffmann:
Im großen Brockhaus von 1998 kommt er gar nicht mehr vor, Figürchen wie Dustin Hoffman sind einfach wichtiger. Aber dieser deutsche Europäer, der 1676 in Zarpen (Stormarn) geboren wurde, in Lübeck die Schule besuchte, in Wittenberg und Kopenhagen studierte, Europa (als Begleiter) bereiste, sich in Amsterdam niederließ und schließlich in Hamburg 1731 verstarb, war und ist eine interessante Privatgelehrten-Figur. In der dreibändigen "Deutschen Geschichte" der SED, Abteilung 'Geschichte' heißt es:
" Im 'Patriot' verkündete unter anderem Johann Adolf Hoffmann eine in manchem vom Kalvinismus beeinflußte Nützlichkeitsphilosophie, die ganz den Interessen der kapitalistischen bürgerlichen Unternehmer entsprach." (Bd. 1, S. 686, Abschn. 10, verf. v. soz. Prof. Gerh. Schilfert, Dt. Verlag d. Wissenschaften 1967)
Was so ein historischer Materialist alles weiß!

Pietistisch erzogen waren auch die bekannten Kapitalistenknechte Lessing, Kant, und Schiller, pietistisch beeinflußt waren Goethe, Hamann, Herder, Hölderlin, Klopstock, K. Ph. Moritz, Lavater und Schleiermacher.
Die Pietisten besaßen puritanische Wurzeln, der schottische Reformator John Knox hatte, auch eine europäische Geschichte, den Franzosen Calvin in Genf getroffen und um ihn hatte sich in Genf ein Kreis englischer Protestanten gebildet, darunter der Tudor-Flüchtling Anthony Gilby, der die englisch-puritanische Gemeinde betreute. Hier sind auch die demokratischen Impulse durch den Kalvinismus zu erwähnen, besonders augenscheinlich bei Christopher Goodman (ca. 1520-1603) in seiner Schrift “How superior powers ought to be obeyed by their subjects, and wherein, according to God's word, they may be lawfully disobeyed and resisted". Christopher Goodman war vor der "Bloody Mary" Tudor erst nach Frankfurt geflüchtet, dann weiter nach Genf zu John Knox, mit dem er später nach Schottland ging, bevor er in seine englische Heimatstadt Chester zurückkehrte.
In Goodmans Buch heißt es:
" ... die Menschen seien nicht geschaffen ' to serve their kings ', sondern diese seien im Gegenteil von Gott ernannt ' to preserve his people, whereof they are but a portion and a member '".
(Paul Meissner, England im Zeitalter von Humanismus, Renaissance und Reformation, S. 359)
Dieser protestantische Anti-Absolutismus wird später in England wirkmächtig und beeinflußt das Werden der amerikanischen Demokratie, während das Luthertum in Orthodoxie erstarrt und gegenüber den Pietisten verfolgerisch wird.

Pietistischer Geist formte auch Friedrich Wilhelm I., von 1713 bis 1740 König von Preußen. Er hat den Staat saniert, hat keine nennenswerten Kriege geführt, pflegte ein offenes Diskussionsklima bei der täglichen Lektüre der europäischen Presse im sog. "Tabakskollegium", führte auf den königlichen Domänen die "Volksschule" ein und machte sich, anders als die Prunkkönigskollegen von der Ludwigssorte zum "Arbeitskönig", der den Staat über seine Person stellte.
Ob Friedrich Wilhelm den Johann Adolf Hoffmann gelesen hat, seine "Zwey Bücher von der Zufriedenheit nach den Gründen der Vernunft und des Glaubens", muß man bezweifeln, aber vielleicht seine politischen "Anmerkungen über die wahre und falsche Staatskunst".

Interessant ist diese Gemengelage von Kalvinismus, Aufklärung, Berufsmenschentum, rationaler Statsanstalt, demokratischem Aufbruch und erfolgreichem wirtschaftlichen Handeln allemal.

Der Kreis schließt sich in einem Zitat zum amerikanischen Erntedankfest:

' The fall of 1623 marked the end of Plymouth’s debilitating food shortages. For the last two planting seasons, the Pilgrims had grown crops communally – the approach first used at Jamestown and other English settlements. But as the disastrous harvest of the previous fall had shown, something drastic needed to be done to increase the annual yield. In April, Bradford had decided that each household should be assigned its own plot to cultivate, with the understanding that each family kept whatever it grew. The change in attitude was stunning. Families were now willing to work much harder than they had ever worked before. In previous years, the men had tended the fields while the women tended the children at home. “The women now went willingly into the field,” Bradford wrote, “and took their little ones with them to set corn.”
The Pilgrims had stumbled on the power of capitalism. Although the fortunes of the colony still teetered precariously in the years ahead, the inhabitants never again starved. '
--Nathaniel Philbrick, Mayflower: A Story of Courage, Community, and War, Penguin Books, 2007
(Danke, Benny Peiser, www.thegwpf.org/)