Freitag, 31. August 2012

Säulenheilige








Die Säulenheiligen Symeon Stylites der Ältere (links) und Symeon Stylites der Jüngere (rechts) auf einer Ikone, Bild: Wiki 






Da-da-da – da wurde er wieder katholisch, der Dadaist aus dem Hause Bally. Aber in der extrem antidadaistischen Variante, der Orthodoxie. Dazu erklärte er sich:
„Byzantinisches Christentum. Drei Heiligenleben (zu Joannes Klimax, Dionysius Areopagita und Symeon dem Styliten). Duncker & Humblot, München 1923“

Nach seiner Klamaukphase zog es Hugo Ball zur Welt der fraglosen Askese noch vor dem „morgenländischen“ Schisma. Das ließ aber nicht lange auf sich warten, 1054 war es soweit.

Konstantin hatte den unbedeutenden griechischen Ort Byzanz zu seinem Regierungssitz Konstantinopel bestimmt ("Ostrom"). Er empfand sich sowohl als Oberhaupt der Christenheit wie auch als römischer Kaiser. Schließlich hatte er das Christentum aus der Duldung zur Staatsreligion befördert. Während im Westen bald Papst und Kaiser um die Vorherrschaft stritten, blieb im byzantinischen Reich, in Konstantinopel, weltliche und oberpriesterliche Macht in einer Hand. Der Kaiser („Basileus“) galt als Vertreter „Christi“ auf Erden. Das pompöse Zeremoniell des kaiserlichen Auftretens einschließlich des Niederwerfens vor ihm besaß eine liturgische Funktion.
Die türkische Eroberung Konstantinopels 1453 machte aus Konstantinopel Istanbul. 

Mit der Auslöschung des byzantinischen Reiches rückte das Zentrum des orthodoxen Christentums nach Norden, nach Rußland. Die Grenze zwischen römischer und orthodoxer Sphäre bezeichnet bis heute auch eine kulturelle Grenze: das Reich der Orthodoxie blieb wissenschaftlich und wirtschaftlich arm. Die Zusammenballung von weltlicher und geistlicher Macht behinderte die Entwicklung der Zivilgesellschaft, die auf  individuelle Freiheit angewiesen ist. Die schätzen weltliche Herrscher wie Putin und prunksüchtige Priester wie Kiryll gar nicht. 
Die wirtschaftliche und geistige Rückständigkeit Rußlands ist bei diesen beiden in den besten Händen.  

Donnerstag, 30. August 2012

Amerikanische Realität



Neiddebatten sind ungut für das gesellschaftliche Klima. Man weiß das, seit Hitler seinen Kampf gegen die Plutokratie und das internationale Finanzkapital begann. 
NRW-Finanzminister Borjahns instrumentalisiert den Neid in seinem Sinne. Er sollte sich lieber ein amerikanisches Programm vornehmen:

Der durchschnittliche Einkommensteuersatz der Amerikaner lag nach Schätzung eines Kongressausschusses 2010 bei 9,5 Prozent für Jahreseinkommen von 100.000 bis 200.000 Dollar, bei 16,6 Prozent für Einkommen bis 500.000 Dollar und bei 22,2 Prozent für Einkommen von mehr als 1 Million Dollar. Hinzu kommen Sozialversicherungsbeiträge.” (FAZ 20.8.12)

Mittwoch, 29. August 2012

Weiter hoffen auf die Nordwest-Passage








Ziemlich viel Eis zeigt diese Aufnahme vom 26.8.12 der NSIDC - keine Rede von Rekord

> Sea Ice News – Volume 3 Number 11, part 2 – other sources show no record low Arctic ice extent







"... Sie berichteten hingegen nicht über die Rekordeisausdehnung Ende März diese Jahres wo ein 10-Jahresrekord verzeichnet wurde. Sie berichteten auch nicht, dass andere Institute gar eine stärkere Eisbedeckung gemeldet haben. (http://stevengoddard.wordpress.com/2012/08/27/noaa-showing-28-more-ice-than-the-2007-minimum/http://wattsupwiththat.com/2012/08/27/sea-ice-news-volume-3-number-11-part-2-other-sources-show-no-record-low/)

Vor allem berichteten Sie nicht, dass sich das alles immer wieder abgespielt hat, nur dass man damals weder Satelliten hatte, noch Klimapanik schüren wollte.

Eine schier endlose Liste über frühere "Rekord"-Arktisschmelzen innerhalb der letzen 106 Jahre -also innerhalb unserer Zivilisation-  finden Sie hier (http://www.real-science.com/arctic)

Daraus nur wenige Beispiele, die Sie und Ihre Kollegen nicht kennen oder nicht für berichtenswert halten


* CLEVELAND, Feb. 16. 1953  (A.A.P.): Der Arktis-Experte Dr. William S. Carlson sagte heute abend, dass die Eiskappen am Pol in einem erstaunlichen und unerklärbaren Tempo schmelzen würden und die Seehäfen durch ansteigende Pegel zu überschwemmen drohten.
*1947  „Die Gletscher in Norwegen und Alaska haben nur noch die Hälfte ihrer Größe von vor 50 Jahren. Die Temperatur um Spitzbergen hat sich so verändert, dass die Schiffbarkeit von drei auf acht Monate im Jahr angestiegen ist,” (1)
* 1947 Dr. Ahlman drängte auf die Einrichtung einer internationalen Agentur für das Studium der globalen Temperaturbedingungen. Die Temperaturen hätten sich um 10 Grad seit 1900 erhöht. Die Schiffbarkeitssaison entlang der Westküste Spitzbergens würde nun acht, anstatt drei Monate währen. (2)
* 1940 ... man stellte fest, dass die Temperaturen in Polnähe im Durchschnitt sechs Grad höher sind als Nansen vor 40 Jahren gemessen hat. Die Eisdicken betragen im Durchschnitt nur 1,95 m im Vergleich zu 3,90 m.
* 1940 Der gerade aus der Arktis zurückgekehrte norwegische Kapitän Wiktor Arnesen behauptet, eine im Umfang 12 Meilen große Insel nahe Franz-Joseph-Land entdeckt zu haben, auf einer Breite von 80,40 Grad. Er meinte, dass die Insel zuvor von einem 19 bis 24 m hohen Eisberg verdeckt gewesen wäre, der nun geschmolzen sei. Dies zeige die außergewöhnliche Natur des jüngsten Abtauens in der Arktis. (3)
Die Liste geht zurück bis auf 1906, abe rauch knapp 100 Jahre früher meldeten britische Marineschiffe eine ungewöhnlich geringe Eisbdeckung in der Arktis.
per BCC geht eine Kopie dieser Mail an Klima Interessierte.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihr
Michael Limburg
Vizepräsident EIKE (Europäisches Institut für Klima und Energie)
Tel: +49-(0)33201-31132
http://www.eike-klima-energie.eu/


Referenzen
(1) http://trove.nla.gov.au/ndp/del/article/42734540?searchTerm=glaciers%20melting&searchLimits=#pstart3099914
(2) http://tinyurl.com/cv3a8wp
(3) http://tinyurl.com/cp5fa4z

Dienstag, 28. August 2012

Prima Frankfurter






„Oh glaube mir, der manche tausend Jahre
An dieser harten Speise kaut,
Daß von der Wiege bis zur Bahre
Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut!“

G., Faust I, V. 1775ff. 




„Alle Literatur ist bürgerlich. Bei uns. Auch wenn sie sich noch so antibürgerlich gebärdet. Arbeiter kommen in ihr vor wie Gänseblümchen, Ägypter, Sonnenstaub, Kreuzritter und Kondensstreifen. Arbeiter kommen in ihr vor. Mehr nicht. Hier, in diesem Buch, kommen sie zu Wort.“
Das schrieb der Martin Walser der Erika Runge 1968 in ihr Interviewbuch „Bottroper Protokolle“. Das Buch hatte er auch, nach Angaben Runges, bei Suhrkamp vermittelt. Walser selbst machte dann einen Versuch in seinem Roman „Seelenarbeit“, so etwas wie einen Arbeiter zur Hauptfigur zu machen. Aber der Chef-Chauffeur Zürn mutete doch eher an wie Martin Walser mit Fahrermütze. Runges Interviews verkauften sich rasant, ganze Schulklassen lasen sie. Sie waren auch nicht uninteressant, so wie Lebensläufe aller Art interessant sein können. Weit entfernt allerdings sind die Putzfrau Maria B. und der Verkäufer Dieter V. und die anderen von Runge Porträtierten von Walser’schen Dauerreflektierern, die viel zu fühlen, zu denken und zu sagen haben und dem Autor Spielraum geben. Oder die gerade dazu erfunden werden, Sprachrohr und Demonstrationsobjekt zu sein. Man denke nur an den „Faust“, Goethes Figur, die weit in die Literatur und in die deutschen Lande hinausstrahlte, bis heute, wenn auch schwächer werdend. Ja, bei Goethe, der am 28.8.1749 in Frankfurt geboren wurde, kamen auch keine Arbeiter vor.  

Montag, 27. August 2012

Feuer statt Protest: Katholik Karl (V.) ließ sie fromm verbrennen






Menno Simons (1496-1561) wurde auf Umwegen Namensgeber der Mennoniten. Er fand durch eigenmächtiges Lesen heraus, daß die Säuglingstaufe “unbiblisch” sei.

(Bild: Christoffel van Sichem / Wiki.)  




Das Luthertum ist heute zu einer Art rotgrüner Sekte herabgesunken. Menno Simons wurde damals zunächst durch Luther, Erasmus und Bucer beeinflußt. Kaum hatten sich die Lutheraner durchgesetzt, verfolgten sie schon früh wie die Katholiken andere reformatorische Bewegungen, etwa die Mennoniten, die sich Ende des 18. Jahrhunderts in der Ukraine, dann in Nord-Amerika (Amische) in Sicherheit brachten.

Der religiösen Phantastik sind keine Grenzen gesetzt, aber bestimmte Vorstellungen verdienen Beachtung. Bei den Mennoniten, die erst “Täufer” und “Wiedertäufer” hießen und sich dann in der Verfolgung neu benannten, ist es die Erwachsenentaufe, daher der Name. Der Mensch solle sich erst im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu Christus bekennen, sich also erst als Erwachsener taufen lassen. Der individuelle Mensch wird damit gewürdigt. 

Ich finde das sehr beachtlich gegenüber der Praxis andere Sekten, die Kinder zu indoktrinieren und ungefragt zu zwingen. 

Die 

Moses-Juden malträtieren zudem noch ihre wehrlosen Säuglinge auf ekelhafte Weise im Wahn einer steinzeitlichen Doktrin. Mit seiner von Luther selbst gestifteten Obrigkeitshörigkeit war das Luthertum zwar geistig produktiv, aber weniger wirtschaftlich. Bei den reformierten, calvinistisch beeinflußten Mennoniten war und ist das anders, wie das Beispiel des mehrheitlich katholischen Paraguay zeigt, in das erst seit 1927 Mennoniten einwandern durften:

“ … ohne die Infrastruktur, die die Mennoniten im Chaco aufgebaut haben, hätte ich unter keinen Umständen im Chaco investiert. Alle benötigen Dienstleistungen werden hier angeboten, ein Strassennetz von 5000 km wird innerhalb und angrenzend an die Mennonitenkolonien unterhalten. Weiterhin gibt es Schulen, Krankenhäuser, Supermärkte, Ärzte, Notare etc. und natürlich sehr gute Vermarktungstrukturen für Fleisch und Milch und andere landwirtschaftliche Produkte.

Bis 1960 mag etwa 90% der Infrastruktur und 95% der Produktion im Chaco auf die Mennoniten (mit damals etwa 75% Bevölkerungsanteil im Chaco) zurückgegangen sein. Heute beträgt der Bevölkerungsanteil der Mennoniten im Chaco nur noch 1/7 der Chacobevölkerung, der Wertschöpfungsanteil und die von Mennoniten bereitgestellte Infrastruktur dürfte im Chaco aber immer noch bei rund 70% liegen. Das Durchschnittseinkommen im Chaco beträgt ein Mehrfaches vom nationalen Durchschnitt. Filadelfia ist die teuerste Stadt in Py (ca. 10.000 Einwohner).

Nun wohnen aber nur 2% der Paraguayischen Bevölkerung im Chaco (mit 60% des nationalen Territoriums, Westteil Paraguays). Auf nationaler Ebene ist die Bedeutung der Mennoniten eindeutig geringer, aber stetig wachsend. FECOPROD (Zusammenschluss der Kooperativen auf nationaler Ebene, in dem mennonitische Kooperativen vielleicht ein Gewicht von 30 bis 40% haben dürften, - da sind ja auch Japaner, Ukrainer und zahlreiche andere Migrationsherkünfte, natürlich auch reine Paraguayer drin). Der Präsident von FECOPROD ist ein mir gut bekannter Mennonit. FECOPROD repräsentiert 40% der landesweiten Agrarproduktion (bestimmt >80% der Milchproduktion und >60% des Fleischexports, was mindestens 1% des Fleisch-Weltmarkts bedeutet) und ist damit eindeutig die wichigste Wirtschaftsmacht in Paraguay. FECOPROD ist dabei, eine eigene Tankstellenkette, eine eigene Bank und sogar einen eigenen Hafen zu errichten, natürlich mit dem Ziel, die Zig-Millionen-Dollar-Verdienste in diesen Sektoren nicht externen Firmen zu überlassen. Darüber hinaus sind grosse Betriebe (Import-Export, Handel mit Haushaltswaren, Autos, Baugewerbe, Viehzucht- und Soja-Betriebe) in Privatbesitz einzelner reicher Mennoniten. Aber in diesen Sektoren werden sie oft von echten Paraguayern, Brasilianern und anderen reichen Einwanderern übertroffen.

Auch in der Politik spielen Mennoniten eine zunehmende Rolle: Der vorletzte Präsident hatte einen mennonitischen Finanzminister mit mennonitischem Staatssekretär, die in Py recht professionall das Mehrwertsteuersystem eingeführt haben. Ausserdem hatte dieser Präsident einen Mennoniten als persönlichen Berater im Präsidentenamt (etwa wie Minister im Kanzleramt). Der letzte Prásident, ein ehemaliger katholischer Befreiungstheologe und Bischof mit mehreren Kindern, der (mit Geld und Beratern von Chavez) Unruhen und Landbesetzungen organisierte und finanzierte, wollte von Mennoniten nichts wissen. Seine Ablösung war überfällig und geschah dann auch, Gott sei Dank, mit über 90% der Stimmen im Parlament und Senat nach einer tödlichen Schiesserei zwischen Landbesetzern und Polizei. Der aktuelle Prásident, ein liberaler Arzt, sieht im Chaco das Entwicklungspotential des Landes und hat in kürzester Zeit schon mehrere einschlägige Projekte angestossen. Im Departament Boquerón stellten Mennoniten immer den Gouverneursposten und den Abgeordneten und Senator aus unterschiedlichen Parteien. Die Indianer wählen viel lieber einen Mennoniten als einen Vertreter des Konkurrenzstammes.

Die Chacomennoniten sind in 3 Einwanderungswellen in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts aus Kanada und der Sowjetunion eingewandert. Sie waren recht konservativ. In den letzten Jahrzehnten hat da aber ein starker und sicherlich ursprünglich wirtschaftlich motivierter Öffnungsprozess stattgefunden. Heute stellen sie in den Städten, die sie gegründet haben, nur noch eine Minderheit. Die Kooperativsverwaltungen haben immer mehr Bereiche an erst neu zu gründende staatliche Stellen abgegeben (z.T. abtreten müssen, aber oftmals auch abtreten wollen): Justiz, Munizipalitätsverwaltung, teilweise Schulen, Wege- und Strassenbau und -unterhalt etc. Die staatlichen Unterstützungen für Indianerprogramme (von Lehrern bis Nahrungsmittelhilfen) werden gerne angenommen Die Chaco-Mennoniten unterhalten ein umfassendes Hilfsprogramm für die angrenzenden Indianer in den Bereichen Schule, Gesundheit und landwirtschaftliche Beratung. Das Budget übersteigt bei weitem dasjenige der recht modern eingerichteten eigenen land- und viehwirtschaftlichen Beratungszentren. 

Echt konservative Mennoniten (mit vielen Lebenseinschränkungen) gibt es noch in Ostparaguay und in Bolivien." 

Dr. sc.agr. Albrecht Glatzle

Herzlichen Dank in den Chaco!



Sonntag, 26. August 2012

Herbstbefangen





Gut, daß der Pflanzbottich gerade dort ein Loch hat, wo der Ahornschößling wächst.








Gottfried Benn 
Schöner Abend

Ich ging den kleinen Weg, den oft begangenen,
und diesen Abend war er seltsam klar,
man sah ihn schon als einen herbstbefangenen,
obschon es mitten noch im Sommer war.

Die Himmelsblüte hatte weisse Dolden,
die Wolken blätterten das Blau herab,
auch arme Leute wurden golden,
was ihrem Antlitz Glück und Lächeln gab.

So auch in mir, – den immer graute
früh her, verschlimmert Jahr um Jahr
entstand ein Sein, das etwas blaute –
und eine Stunde ohne Trauer war.



Mit Regenschauern bei 15°C ist der Tag nach dem schönen Abend sehr “herbstbefangen”.

Samstag, 25. August 2012

Zeit, Wissen und Karriere





Zeit, Wissen und Karriere, diese drei - das Wichtigste aber ist die Karriere


„Ich habe den Gefahren der friedlichen Kerntechnik im letzten Jahr eine Studie gewidmet und bin zu der Ansicht gekommen, daß gegen die Gefahren eines technischen Versagens technische Abhilfen technisch möglich, wirtschaftlich vertretbar und hoffentlich auch politisch durchsetzbar sind. Nicht überwunden wären damit aber Gefahren, die dem menschlichen Willen entstammen, deren ich drei als Beispiele nenne: Terrorismus, Proliferation von Kernwaffen durch die weltweite Verbreitung der Reaktortechnik, Zerstörung von Reaktoren in einem nicht notwendigerweise nuklearen Krieg. Sollte diese Analyse richtig sein, so läge auch bei den möglichen Gefahren der Kernreaktoren der Kern des Problems im politischen, und zwar im weltpolitischen Feld.“

Carl Friedrich v. Weizsäcker, Der Garten des Menschlichen, Beiträge zur geschichtlichen Anthropologie, Hanser 1977, S. 75

In der seitdem vergangenen Zeit hat sich die Kerntechnik mit 455 Reaktoren weltweit verbreitet. Der Terrorismus konnte bisher von den Kernreaktoren ferngehalten werden, nicht jedoch von Hochhäusern und Zügen. Die Proliferation konnte weitgehend, aber nicht ganz unterbunden werden. Indien, Nordkorea und Pakistan, und wohl auch Südafrika und Israel verfügen über Kernwaffen, der Iran bemüht sich darum. Einen engen Zusammenhang mit der friedlichen Nutzung der Kernenergie gab es dabei mutmaßlich nicht. Diese wird inzwischen global angewendet und anerkannt, eine bestimmte Komikernation einmal ausgenommen. Das Argument scheidet also inzwischen völlig aus. Eine Kriegszerstörung erscheint immer möglich, doch hat sogar eine höchst zweifelhafte Macht wie Pakistan in den Kriegen mit Indien darauf verzichtet. Das Problem wurde bisher vom Klub der Atommächte beherrscht. 

Carl Friedrich v. Weizsäckers Bedenken gegenüber der politischen Beherrschbarkeit der zivilen Kernkraftnutzung bedürfen vielleicht auch einer familiären Einbettung. Vater Ernst v. Weizsäcker, Jahrgang 1882, hatte sich dem Nationalismus gegenüber als anfällig erwiesen. 1937 wurde er Leiter der Politischen Abteilung im Außenamt der Nazis, 1938 Staatssekretär dortselbst.
Bei belasteten Eltern rückt die nächste Generation gern nach links, vor allem nach dem Scheitern der Eltern. Sohn Carl Friedrich v. Weizsäcker, Jahrgang 1912, führte der Weg dann an die Seite des Neomarxisten Habermas, mit dem er in Starnberg als Max-Planck-Institutschef die „Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt“ erforschen wollte.
Von Habermas ist der Schritt dann nicht weit zur universitären Massenbasis der Antikernkraftbewegung. Habermas hatte sich bereits Ende der fünfziger Jahre am Rande der Ostermarschbewegung, der Kampagne für Demokratie und Abrüstung und der Antinotstandsbewegung engagiert. Den organisatorischen harten Kern dieser Organisationen bildeten Funktionäre der verbotenen KPD, die hauptberuflich wirkten (zB Manfred Kapluck, Dr. Hans Brender) und von der Ostberliner Staatssicherheit bezahlt wurden. Die gaben die Parole aus, daß die friedliche Nutzung der Kernenergie nur im Sozialismus sicher sei, in den „Händen der Monopole“ aber zur Gefahr für den Weltfrieden werde. Das war dann wenig später, um 1970, an den Universitäten allgemeiner Glaubenssatz. Die Allgemeinen Studentenausschüsse und studentischen Gruppen, mit Ausnahme des RCDS, organisierten Demonstrationen und Aktionen aller Art gegen die zivile Kernkraftnutzung. Auch heute noch hängen vor den Castor-Transporten Plakate in den Unis: „Kommt schottern“, d.h., untergrabt die Bahngeleise.

In den siebziger und achtziger Jahren wurde auch Carl Friedrich v. Weizsäcker als ‚bürgerlicher Atom-Wissenschaftler’ gern zitiert.
Man hat bei ihm den Eindruck, daß er gern nachlieferte, hochgeehrt und hochbezahlt unter gemütlichen, gefahrlosen Bedingungen in der Bundesrepublik, was Vater und Söhne Weizsäcker unter gefährlichen Bedingungen nicht aufbrachten: politische Erkenntnis und mutiges Handeln. 

Freitag, 24. August 2012

Zwei ungleiche Schwestern






Kathedrale in Ciudad Juarez, Nordmexiko   

(Bild: François Hirsch / Wiki.)   

El Paso und Ciudad Juarez liegen nah nebeneinander, sie sind nur durch einen Fluß getrennt. Aber Welten trennen sie. Die eine fällt durch überbordende Gewalt auf, die andere gilt als sicherste Stadt der USA. In El Paso zählt sich zwar die Hälfte der Bevölkerung zu den Katholiken, ein für die USA sehr hoher Anteil, was an der früheren spanischen Kolonisierung liegt, doch die Mentalität der Stadt wird durch den calvinistischen bzw. reformierten Norden bestimmt. Einen ähnlichen Effekt gibt es in Paraguay, wo die Wirtschaft durch die reformierten Mennoniten dominiert wird inmitten einer katholischen Mehrheit.  
Durch Lohnfertigungen u.a. aus El Paso wuchs das mexikanisch-katholische Ciudad Juarez stark, blieb aber eine besonders gefährliche Stadt, sie trägt gar den traurigen Titel “Welthauptstadt des Mordes”. Die hohen Mordraten verdanken sich vor allem der Bandenkriminalität, aber auch einer langjährigen Mordserie an Mädchen und jungen Frauen. Von 700 Opfern ist die Rede, die Journalistin Lydia Cacho recherchiert dazu, wie sie auch ein Buch über das Verbrechen in ihrer südmexikanischen Heimatstadt Cancun veröffentlicht hat.  
Manches erinnert an das mafiöse Süditalien, wo das langjährige Müllproblem andauert, weil die Verflechtung von Mafiafamilien, Politik und Bevölkerung offenbar eine zivilisierte Lösung verhindert. Aber auch im sonstigen Italien herrscht eine Kultur der Lässigkeit, des Wegsehens und Vergessens, im Norden weniger als im Süden, in ganz Mexiko wie in Süditalien.  

Die völlig andersartige Situation im texanischen El Paso ist schwer erklärbar, wenn man nicht auf die konfessionell bedingten Traditionsunterschiede sieht: die gemütliche Sündenkultur im Katholizismus mit ihrer Vergebung der Sünden nach der Beichte durch Priester und, auf der reformierten Seite, dem Disziplinaufbau durch ein unmittelbares Verhältnis zu dem imaginierten Gott, der das ICH des Gläubigen unmittelbar anblickt und der keine vergebenden Funktionäre beschäftigt. Die religionspsychologischen Folgen bewirken in der Traditionsbildung ganz offenbar große Unterschiede, während die geglaubten Inhalte als solche keine Rolle spielen.   


Blick auf El Paso, Texas

(Bild: Wiki.)

Donnerstag, 23. August 2012

Da lachten die Kapetinger






Diese zusammenhanglosen Fleckchen in Altrosa vom Niederhein bis Ostpreußen um 1700 sollten tatsächlich einmal ein Staat werden – wäre ohne den calvinistischen Turbo kaum gelungen.
Erst 1660 hatte sich das Herzogtum Preußen aus dem polnischen Lehensverband gelöst, es gehörte aber nicht zum Deutschen Reich.

(Karte: Harms Geschichts- u. Kulturatlas)




„In einem alten französischen Konversationslexikon steht unter dem Namen Preußen die Beschreibung: ‚Ein Königreich, das durch Kriege und Räubereien gewachsen ist.’
Nun, das sind alle Königreiche - und die meisten Republiken. Friedrich der Große hat hier nichts anderes getan als Ludwig von Frankreich oder Peter von Rußland oder Präsident Polk von den Vereinigten Staaten von Amerika.“
(Golo Mann, Dt. Geschichte, S. 41)

Allerdings war Preußen im 16. Jahrhundert nur ein unbedeutendes, zerrissenes Fürstentum ohne homogene Bevölkerung. Es bestand aus den unzusammenhängenden kleinen Gebieten der Mark Brandenburg, dem Herzogtum Preußen und den winzigen rheinischen Gebieten Kleve, Mark und Ravensberg. Eine Lächerlichkeit verglichen mit Frankreich und den Kapetingern, die sich dieses homogene Gebiet unterwarfen. Aber bereits 1539 schloß sich Joachim II. dem Luthertum an und Johann Sigismund trat 1618 zum Calvinismus über. Dabei blieb es unter dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm, der aber seine katholischen und lutherischen Bürger respektierte und keine Bartholomäusnacht anrichtete. König Friedrich Wilhelm I., ebenfalls Calvinist, führte das Werk des Großen Kurfürsten, die Staatsbildung, fort und machte Disziplin und Sparsamkeit zur Staatsraison. So gedieh Preußen, wobei auch die protestantische Neigung zu Schule und Wissenschaft eine Rolle spielte, während es mit dem katholischen Bayern und dem katholischen Österreich nicht recht weiterging. 

So wie es in Südamerika auch heute noch nur sehr holperig weitergeht und zwischendurch Chikago Boys importiert werden müssen. Katholische Länder unter säkular-religiöser Verwaltung wie Kuba verelendeten allerdings. Wo der Katholizismus noch eine gewisse Zurückhaltung übt, im Wirtschaftsleben, dort gebärdet sich die politische Säkularreligion (Eric Voegelin) Marxismus totalitär und setzt alle 5 Grundsätze der Wohlstandsmehrung außer Kraft:
1.  Berechenbare politische Rahmenbedingungen
2.  Herrschaft des Gesetzes
3.  Anreize, sich produktiv zu verhalten
4.  Marktwirtschaft, Haftung
5.  Klare Grenzen für die Staatstätigkeit
Aus solcher Mißachtung folgt Armut. Auch Zusammenbruch. Das schaffen aber totalitäre metaphysische Religionen auch. Persien steht am Rande des Ruins.


Mittwoch, 22. August 2012

"Were you Doers, or Talkers only?”





“It will not be said: did you believe? - but: were you Doers, or Talkers only?” John Bunyan, Eines Christen Reise nach der seeligen Ewigkeit

Bunyan (1628-1688) lernte erst einmal bei seinem Vater das Kesselflicken, bevor er predigte und schrieb. 





“Das sittlich wirklich Verwerfliche ist nämlich das Ausruhen auf dem Besitz, der Genuß des Reichtums mit seiner Konsequenz [S. 167] von Müßigkeit und Fleischeslust, vor allem von Ablenkung von dem Streben nach »heiligem« Leben. Und nur weil der Besitz die Gefahr dieses Ausruhens mit sich bringt, ist er bedenklich. Denn die »ewige Ruhe der Heiligen« liegt im Jenseits, auf Erden aber muß auch der Mensch, um seines Gnadenstands sicher zu werden, »wirken die Werke dessen, der ihn gesandt hat, solange es Tag ist«. Nicht Muße und Genuß, sondern nur Handeln dient nach dem unzweideutig geoffenbarten Willen Gottes zur Mehrung seines Ruhms. Zeitvergeudung ist also die erste und prinzipiell schwerste aller Sünden. Die Zeitspanne des Lebens ist unendlich kurz und kostbar, um die eigene Berufung »festzumachen«. Zeitverlust durch Geselligkeit, »faules Gerede«, Luxus, selbst durch mehr als der Gesundheit nötigen Schlaf – 6 bis höchstens 8 Stunden – ist sittlich absolut verwerflich. Es heißt noch nicht wie bei Franklin: [S. 168] »Zeit ist Geld«, aber der Satz gilt gewissermaßen im spirituellen Sinn: sie ist unendlich wertvoll, weil jede verlorene Stunde der Arbeit im Dienst des Ruhmes Gottes entzogen ist. Wertlos und eventuell direkt verwerflich ist daher auch untätige Kontemplation, mindestens wenn sie auf Kosten der Berufsarbeit erfolgt. Denn sie ist Gott minder wohlgefällig als das aktive Tun seines Willens im Beruf. Ueberdies ist für sie der Sonntag da, und es sind nach Baxter immer diejenigen, die in ihrem Berufe müßig sind, welche auch für Gott keine Zeit haben, wenn die Stunde dafür da ist.
[169] Demgemäß zieht sich eine immer wiederholte, zuweilen fast leidenschaftliche Predigt harter, stetiger, körperlicher oder geistiger Arbeit durch Baxters Hauptwerk.“
Weber, Max, Schriften zur Religionssoziologie, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, II. Die Berufsethik des asketischen Protestantismus, 1. Die religiösen Grundlagen der innerweltlichen Askese, 2. Askese und kapitalistischer Geist
(Text bei www.zeno.org/) (Seitenzahlen: UTB-Ausgabe)

Das ist nicht der Geist des Katholizismus oder gar der intellektuell depravierten orthodoxen Kirche. Mit dieser Mentalität überholte Nordamerika in 200 Jahren rasant das katholische Südamerika mit weiter zunehmendem Abstand.

Dazu paßt auch das neue Buch von John B. Taylor: FIRST PRINCIPLES. FIVE KEYS TO RESTORING AMERICA’S PROSPERITY. Norton 2012.
Taylor lehrt in Stanford und schuf die Taylor-Regel für die Geldmenge, die er bei FED-Chef Bernanke verletzt sieht. Im ersten Kapitel nennt Taylor fünf Prinzipien, die schon bei Adam Smith galten und die USA wohlhabend machten:
  1. Berechenbare politische Rahmenbedingungen
  2. Herrschaft des Gesetzes
  3. Gute Anreize
  4. Marktwirtschaft
  5. Klare Grenzen für die Staatstätigkeit

Länder mit mit katholischer Tradition tun sich damit schwer, Länder der Orthodoxie noch schwerer. In anderen Kulturkreisen werden diese Prinzipien kaum verstanden. Entsprechend sieht ihr Armutsniveau aus.  

Dienstag, 21. August 2012

Erfahrungswissen: Alle Hochschuldenländer sind katholisch oder orthodox






In diesem Zeichen wirst du arm sein und bleiben, was aber keine Schande ist


(Die Ikone Gottesmutter von Wladimir, Konstantinopel um 1100, Wiki.)  





Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis, und was Anderes gibt es nicht  
 



Pyrrhon meinte, man solle sich der Urteile enthalten, sie seien zu unsicher. Auch Lichtenberg formuliert skeptisch:
„ Man kann würklich nicht wissen ob man nicht jetzt im Tollhaus sitzt.“
[J 520]
Man weiß es nie so genau, man kann nicht ganz sicher sein. Daher warnt auch Hayek vor einer „Anmaßung von Wissen“. McGinn vergleicht die menschliche Hoffnung auf Erkenntnisgewißheit mit der Erwartung, eine Katze könne die Relativitätstheorie begreifen. Die Gehirne haben ihre Grenzen. Schamanen und Priester wissen das. Auf Kosten von Technik, Wohlstand und Wissenschaft bieten sie ihre irrationalen Verbände an. Pluralismus und Erkenntniswettbewerb sind jedoch angesagt, Denkverbote und Denkverfolgung nicht. 

Aber wenn auch Menschen sich nicht das Erleben einer Katze vorstellen können, so sind ihnen doch innerhalb der eigenen Art ein paar einfache Dinge erkennbar. Etwa die Unterschiedlichkeit der Lebensalter. Mit zwanzig ist man ein anderer als mit Fünfzig. Die Lebenserfahrung, die wahrhaft hohe Schule, bewirkt das. Man lernt dazu. Selbst ein Joschka Fischer würde heute nicht mehr als Straßenschläger auftreten. Das Strafrecht trägt dem Lebensalter entsprechend Rechnung. 
Wenn ein Mann mit 45 noch als hyperaggressiver Mehrfachtäter verbal andere Menschen angreift, dann kann man einigermaßen sicher urteilen, daß man den Angegriffenen durch Wegschließen des Angreifers Schutz schuldet. 
Die Welt ist voller querulantischer Männer, manche von ihnen gleichen tollen Hunden, die sich in etwas verbeißen wollen, sei es, was es wolle. Horst Mahler ist ein solcher Typ, intelligent, aggressiv, konstitutionell lernunfähig, erst linksradikal, jetzt rechtsradikal, demnächst vielleicht totalitärer Sektengründer. 
Die meisten Extremisten sind harmloser und verbeißen sich nur bei bestimmten Themen. Dort können sie aber leicht die psychiatrische Grenze überschreiten. Sie halten dann ihren eigenen  kleinen Verstand für das Maß aller Dinge und schwafeln von Leben und Welt, und wie sie am besten einzurichten seien, geben sie vor, genau zu wissen. Sei es drum. 

Auch die Extremisten, hat die Gruppensoziologie herausgefunden, haben eine Funktion. Sie stärken nämlich die Mehrheitsmeinung. Die Herde auf der Weide blökt gerne gemeinsam, ein Putin gibt den Einsatz. Das ist wenig erkenntnisfördernd. Durch ihre Einwände, die klug, idiotisch oder skurril sein können, setzen sie einen Impuls, das Gruppenurteil zu überprüfen. Im Hofnarren fand sich dafür eine institutionalisierte Form. Für Narren sollte ein gewisser, nicht ausufernder Bestandsschutz gelten. 

Von aggressiven Querulanten aber muß man sich nicht auf den Nerven herumtrampeln lassen. Bei allem pyrrhonesischen Gleichmut.

Montag, 20. August 2012

Gerhard Schröder schmeißt hin!



Kleines Ländchen - Norwegen besitzt viel Öl und Gas - ohne Zar, mit zivilisierter Justiz - geht er jetzt zu Statoil? 







Schröder findet es einfach widerwärtig, daß drei junge Frauen, davon zwei mit kleinen Kindern, seit einem halben Jahr im russischen Gefängnis sitzen. Wegen einer kurzen, einminütigen Jugendprovokation gegen Putin in einer Kirche. Ohne jeden Sachschaden. Verhüllt. Eine politische Tanzperformance ohne Ton. Gefilmt, mit Ton unterlegt, ins Internet gestellt.

Schröder sagte seinem Freund Putin, daß vor einigen Jahren ein Fotograf ein nacktes Pärchen auf den Altar des Kölner Domes gelegt hätte. Dafür habe der Fotograf eine geringfügige Bewährungsstrafe von 4 Monaten einschließlich einer Geldstrafe von 700 DM erhalten, der nackte Mann habe eine Geldbuße von 900 DM zahlen müssen und die Nackte sei verwarnt worden. Keiner der drei hätte auch nur einen einzigen Tag im Gefängnis gesessen. Gegen eine so brutale Bestrafung junger Leute für eine Bagatelle müsse er, Schröder, protestieren: 
er wolle nicht länger Gasprom-Agent sein.  
Schluß, Putin! 


Stimmt nicht? Stimmt. Stimmt nicht.

Sonntag, 19. August 2012

Pyrrhonesische Gedanken










„Die Religion ist etwas so Großes, daß es gerecht ist, wenn diejenigen, die sich nicht die Mühe machen möchten, sie zu suchen, wenn sie dunkel ist, ihrer beraubt sind.“
Pascal, Gedanken, 472/574
Gut, er war kein Primatenforscher mit buntem Band im Haar, da fehlte ihm ein Einordnungshorizont, außerdem beschäftigte er sich mit Luftdruck, Rechenmaschine und Pariser Omnibussen. Aber ganz dumm war er ja nicht, Blaise Pascal, der am 19.8.1662 vor 350 Jahren starb.
Und immer noch gibt es Menschen wie Odo Marquard, die gut verstehen, daß manche gern
den heiligen Geist auf dem Dach als letzten Spatz in der Hand besitzen möchten. Merkwürdig.
Gar nicht merkwürdig aber sind Primaten, die sich wie Primaten verhalten, also andere Primaten prügeln oder sie äffisch mißbrauchen. Das ist normal auch bei anderen Säugetieren. Es kommt bei homo s.s. aber weniger oft vor, weil ihnen ein Gehirnapparat wuchs, mit dem sie Aufsätze über den „Prozeß der Zivilisation“ schreiben können. Nicht alle natürlich, aber Menschen wie Elias schon. Sie vermögen es, sich in Welten aufzuhalten wie der WELT 3 (Popper), von deren Existenz andere Primaten nicht einmal eine Vorstellung besitzen. Daß sie in der WELT 1, der physiologischen, beim Sex grunzen wie die Schweine, das verweist nur auf die großen Gemeinsamkeiten alles Lebendigen. Von keinem Paarhufer oder Bonobo sind aber Gedanken über die Ungläubigkeit überliefert, etwa von dieser Art:
„Nichts stärkt den Pyrrhonismus mehr, als daß es Menschen gibt, die keine Pyrrhoniker sind.“ (Pascal, Gedanken, 33/374)
Das könnte auch umgekehrt gelten. Wie, wenn die Stiftung einer bestimmten Ungläubigensorte, man ist bei manchen ihrer Usancen an Borstentiere erinnert, die Giordano-Bruno-Stiftung, ganz eigentlich eine jesuitische Undercover-Einrichtung wäre?