Mittwoch, 1. August 2012

Vorsicht vor dem Russen








Eugène Delacroix, Die Freiheit führt das Volk ziemlich barbusig,  1830 

(Bild: Wiki./ Louvre)



Barbusig ?!?! Vor dem Hörsaal VI ?! Das war dem Linkshegelianer noch nie passiert! Dabei kam er aus Amorbach. 
Katia Mann, Nachbarin in Santa Monica, hatte so etwas nie gemacht, obwohl sie den eitlen Kerl ekelhaft fand. Barbusiger Pussy-Angriff auf Adorno. In der Frankfurter Uni. Was für eine Dialektik. Da hätte er Hegel fast wieder lieber auf den Kopf gestellt. Aber Marx hatte ihn nun einmal auf die Füße gedreht, wie er meinte, und der SDS und seine Damen bestanden darauf, daß es dabei blieb. Beine wollten sie ihm machen, dem Adorno, der den Neomarxismus so hörsaalhaft und fleischlos betrieb, daß es die SDS-Studentinnen zur nackten Botschaft trieb.   

So kann es kommen. So schlägt das Leben jenseits von Amorbach zu. Da wackeln die Busen. 
Schon Delacroix, der immer ein waches Auge auf das Fleisch in der Geschichte hatte, war das aufgefallen. Seit er das in seinem Revolutionsbild festgehalten hat, gehört der nackte Busen zur Rebellion, nach dem Motto: Fleisch bei die Fische. Das fehlte immer irgendwie in den Adorno-Vorlesungen. Daher der Pussy-Riot. Wenn die SDS-Damen nicht nur Schubert auf dem Klavier gelernt hätten bei ihren musischen Mittelstandseltern, hätten sie vielleicht auch noch zur Punkgitarre greifen können wie ihre Enkelinnen in Moskau. Mit dem Klavier und Schubert geht das nicht. Die Punk-Gitarre hätte Adornos feine Öhrchen zerfetzt, die nächste Hegel-Vorlesung wäre ausgefallen, die Geschichte der Kritischen Theorie hätte eine Wendung genommen. Verpaßte Chancen.   

Aber Putin und sein Goldbrokat-Pfaffe Kiryll sind keine Hegelianer und keine Hörsaalmarxisten. Jede geistige Anwandlung ist ihnen fremd, jede Unbotmäßigkeit verhaßt. Ihr Sensorium ist kalkverstärkt. Sie sind bösartige Figuren der Macht, so völlig ohne Humor wie Wagnermusik und Adorno-Schriften. Daher kann man jungen Protestlerinnen in Moskau nur zur Mäßigung raten. Zur Sublimierung. Zur Lektüre von Brechts Keuner-Geschichte “Maßnahmen gegen die Gewalt”.