Montag, 18. März 2013

Der hinterhältige Prof




Die Kraniche kommen zurück, hier einhaltend und kreisend - haben sie sich in der Route verrechnet?  
 



Wenn der Bildungsforscher rechnet  
“ Sie haben 3000 Euro Schulden. Sie zahlen einen Nominalzinssatz von 12 Prozent im Jahr. Jeden Monat zahlen Sie 30 Euro ab. Wann haben Sie die Schulden getilgt?
In a) weniger als fünf Jahren (15 Prozent) (b) fünf bis zehn Jahren (31 Prozent) c) 11 bis 15 Jahren (18 Prozent) d) 16 bis 20 Jahren (10 Prozent) e) nie (26 Prozent)?
Diese Frage stellten wir mehr als 1000 Deutschen, die 18 oder älter waren. Die Zahl in Klammern gibt an, wie viel Prozent von ihnen sich für die jeweilige Antwort entschieden haben. Fast die Hälfte glaubte, die Schulden würden in weniger als fünf oder zehn Jahren abgezahlt sein. Tatsächlich würde es den Schuldnern nach Unterzeichnung dieses gerissenen Vertrags nie gelingen, ihre Schulden loszuwerden. Eigentlich lässt sich das ziemlich leicht herausfinden. Die Bank nimmt 12 Prozent Zinsen auf die gesamte Schuldsumme, das sind jedes Jahr 360 Euro. Der Schuldner zahlt 30 Euro pro Monat, die addieren sich ebenfalls zu 360 Euro im Jahr. Beide Summen sind gleich, was heißt, dass der Schuldner nur die Zinsen zurückzahlt und nie in der Lage sein wird, mit der Abzahlung der Schuld zu beginnen. Nur ein Viertel der Deutschen begriff, dass sie ewig zahlen würden. ...“ (Gerd Gigerenzer, Bildungsforscher, Menschen können nicht mit Geld umgehen, FAZ 16.3.13)


Die ungenaue Fragestellung des Psychologen Gigerenzer läßt Zweifel an dem Frageresultat aufkommen. Er verschweigt auch, ob die Frageaktion überfallartig auf der Straße bei Passanten stattfand, die dann im Kopf rechnen mußten, am Telefon - oder ob das Ganze schriftlich ablief mit Überlegungszeit sitzend im Labor. Der Mann ist lässig. Zur Schlamperei wird die Sache des Professors, wenn er, sozusagen wie ein Psychologe, bei der Fragestellung schludrig formuliert und nicht zwischen Tilgungszahlung und Zinszahlung differenziert. Auch die Ausdrucksweise “Zinsen zurückzahlt” verwirrt bzw. läßt die Frage an den Prof aufkommen, ob er überhaupt weiß, wovon er redet. Als wohlversorgter Beamter hat er vielleicht noch nie einen Kredit aufgenommen und getilgt.  
Wenn der Kreditnehmer monatlich 30 € abbezahlt, also tilgt, Herr G., dann vermindert sich die Schuldsumme jeden Monat. Wenn der effektive Jahreszins, den G. offenbar meint, 12 % beträgt, dann sind das monatlich knapp 1%, da ein Zinseszinseffekt entsteht. Für den ersten Monat sind dann über den Daumen 28,50 € Zinsen fällig, ca. 1,50 € sind dann also schon getilgt.  Der effektive Tilgungsbetrag steigt ständig, die effektiven Zinskosten fallen hingegen kontinuierlich, ebenso die Schuldsumme. Die Schulden sind nach rund 30 Jahren gänzlich getilgt. Die Aufgabe ist wegen des Zinseszinseffektes nicht einfach, auch nicht im Überschlag, und wer hätte denn jederzeit die Formeln parat? In der Bank rechnet das der Computer aus. Die Antwortkategorien sind unfair, mit der Überschlagsrechnung kann man nur sagen, daß es mit der Abbezahlung länger dauere als 5 Jahre, aber irgenwann sei der Kredit getilgt.   
Bildungsforscher Gigerenzer liegt also falsch mit der Behauptung der ewigen Zahlung, er hat wohl den ganzen Mittelstufenstoff vergessen. Macht nichts, das haben andere auch, aber die lehnen sich nicht so weit aus dem Fenster und wollen ihre Zeitgenossen examinieren. 
Auch die Höhe des Zinssatzes ist dubios gewählt für einen Ratenkredit, die Bank nimmt keine 12%, die nimmt ein Kredithai - Gigerenzer ist offenbar ein 68er. Es gibt bei der Konsumfinanzierung sogar viele O%-Finanzierungs-Angebote als Absatzstrategie. 12% liegt in der Höhe eines kurzfristigen Überziehungskredites. 
Bei den US-Sub-Prime-Hauskrediten ist Gigerenzer ebenfalls nicht darüber informiert, daß dieses Geschäft von freien Kreditvermittlern betrieben wurde, nicht von den halbstaatlichen Hypo-Banken direkt.  
Zielführender ist allerdings seine Frage: “Warum unterrichten wir dann keine Finanzkompetenz in der Schule?” Nachdem die Bildungsausgaben seit 1970 explodiert sind, wäre allerdings zu fragen, warum die Prozent- und Zinsrechnung, die ja seit jeher Teil des Unterrichtsstoffes Mittelstufe sind, möglicherweise, darauf gibt es auch andere Hinweise, nicht mehr beherrscht wird. Und welche Rolle hätten dann beim Niveauabbau Bildungsforscher Gigerenzer und seine Kollegen gespielt?  
Könnte mal jemand die Dissertation des Professors durchsehen?