Montag, 14. Oktober 2013

Sehr elegant







“Dieses Buch soll nun zeigen, wie sich durch die Vektormethode die Analytische Geometrie von Gerade, Ebene, Kreis und Kugel in formeller Eleganz und bestechender Übersichtlichkeit darstellen läßt.”

So heißt es im Vorwort dieses schönen Buches “Analytische Geometrie in vektorieller Darstellung”.

Ich bezweifle nicht, daß die drei Autoren vollkommen recht haben mit ihrer Behauptung. Manchmal träume ich von wunderbar 
transparenten Ebenen, die frei im vektoriellen Raum glänzen und sich sogar elegant um den Punkt 0 drehen lassen. Liegen da nicht gleich die Branen-Welten des Steven Hawking um die Ecke? Und leise ertönt dazu “An der schönen blauen Donau”, gepielt vom Computer HAL.

Am nüchternen Tag trifft man dann aber Schulforscher wie Dr. E.R., die erzählen, daß sie seit dem Abitur nie wieder differenziert und integriert haben, und nur Kurvendiskussionen ganz anderer Art hätten sie geführt,  man also tunlich davon als obligatorischem Stoff abrücken könne. Ähnliches trifft für alle Fächer zu. Die Hälfte des Stoffes ist überflüssig und verplempert nur die Lebenszeit. Die elaborierten Stoffe dienen zudem dazu, die Begabten zu bremsen und zu belästigen mit dem Desinteresse der Unbegabten. Wir brauchen aber die Spitzenleute und die Spitzenleistungen. Die muß man durch echte Leistungskurse vom Ballast der unbegabten Mitschüler befreien. Die sollen nur das lernen, was zur kompetenten Lebensführung notwendig ist. In der Mathematik also der Stoff bis zur Prozent- und Zinseszinsrechnung einschließlich Rentenendformel. Wenn das Institut für Qualitätssicherung im Bildungswesen (IQB) also die Mathematik- und Naturwissenschaftskenntnisse der Neuntklässler aus den verschiedenen Bundesländern erhebt und vergleicht, dann sollte das nicht davon ablenken, daß sehr viel Stoff überflüssig ist.
Für den ausgemachten Vorsprung der Ostländer, falls es sich nicht um Artefakte der Statistik handelt, sollte man die Unterrichtsmethoden überprüfen.
Traditionell prägte der Lehrervortrag das Unterrichtsgeschehen im Osten stark. Der kennt natürlich viele Qualitätsabstufungen, er besitzt aber in jedem Falle für alle Schülerbegabungen große Vorteile. Er verschwendet kaum Zeit mit Herumplappereien, läßt die stärkeren Schüler das Unterrichtsgeschehen ziehen und verschont die jeweils im Fach Schwachen und Uninteressierten von dauernden Fangfragen. Im Ergebnis bekommen diese aber auch mehr mit, durch Wiederholungen etwa, als bei anderen Unterrichtsformen.


Lernen allerdings vollzieht sich immer individuell mit Lust und Unlust. Der musikalisch Unbegabte wird nie lernen, was Camille Saint-Saens, Mozart und Jean Francaix schon als kleine Kinder konnten. Man verschone sie mit Dingen, die Unlustattacken bei ihnen auslösen. Hirnforscher begründen das: Das Großhirn, Ort des Langzeit-Gedächtnisses, hat keinen unmittelbaren Zugang zur Welt. Auch nicht zum Nürnberger Trichter! Alles zu Lernende passiert das Gefühlshirn, das limbische System, und wird da auf seinen Gefühlswert geprüft. Ist es ungeliebt, wird der Zutritt zum Dauer-Gedächtnis verweigert. Wenn es gut geht, bleibt es abrufbar bis zur nächsten Klassen-Arbeit, gelegentlich auch bis zum nächsten Zeugnis.
Da hilft auch das IQB nicht.
Es gilt leider noch immer:
„Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.“ (SENECA, Moralische Briefe an Lucilius (Epistulae morales ad Lucilium), Buch XVII, Brief 106, 12)

Das wäre endlich zu ändern!