Mittwoch, 29. April 2015

Es geht auch mit Brötchen! Bravo! - Was ist die Normalverteilung, Gauß-Verteilung, Schaubilder, Übersicht

Kurvig






Die Glockenkurve gibt's auch schön bunt!




Ernst Haeckel zählt sie nicht zu den Welträtseln, aber bemerkenswert ist die Glockenkurve allemal. 
Man sieht gleich, da gibt es die Hauptmasse in der Mitte - zum Beispiel die Körpergröße - und an den Rändern befindet sich der Rest, links unter 1,60 Meter, rechts über 1,90 Meter, das sind jeweils weniger Personen. 
Das gilt auch für Schulnoten, früher jedenfalls, die meisten Schüler haben eine Drei, und es gilt auch für den IQ oder die Zeiten beim 1000m-Lauf. 
Nach ihrem Konstrukteur Carl Friedrich Gauß heißt die Glockenkurve auch Gaußsche Normalverteilung.

Dienstag, 28. April 2015

Womit mag das zusammenhängen?







Clarence Thomas - Richter am obersten US-Gericht
(Foto: Gage/Wiki.)



Wenn man die Kontinente durchmustert, dann fällt auf, wie erfolgreich die Ostasiaten sein können bzw. sind, während Indien nur mäßig erfolgreich und Pakistan recht erfolglos ist. Am schlechtesten geht es Afrika, trotz Milliardenhilfen. So ähnlich stellt sich auch die Situation in Amerika dar. Katastrophal sieht es auf Haiti aus, in Kalifornien recht gut. In den USA selbst gilt aber erneut die Verteilung Ostasiaten - erfolgreich, Europastämmige - erfolgreich, Juden - erfolgreich, Mexikaner/Latinos - weniger erfolgreich und schwarze Amerikaner - noch weniger erfolgreich. 
Womit mag das zusammenhängen? 

In allen Populationsgruppen gibt es jedoch auch sehr erfolgreiche Mitglieder, d.h., zwischen den Individuen einer Bevölkerungsgruppe können die Unterschiede größer sein, als zwischen den Mittelwerten verschiedener Gruppen.  

Montag, 27. April 2015

Schule verdirbt Schüler











Wer sich selber kennt, ist erleuchtet;
Wer andere Menschen besiegt, hat Gewalt;
Wer sich selbst besiegt, der ist stark.
Laotse (604-531)

Ach, Lao, was würdest du zu unseren Schulen sagen?
Lernen Schüler dort Menschenkenntnis? Kaum, denn in den Textfächern geht es um Milieu und Gesellschaft, und die höchste Einsicht ist dort, daß der Täter das Opfer von Elternhaus und Gesellschaft sei.


Und Selbsterkenntnis, führt der Unterricht in den vielen langen Jahren dazu, daß Schüler ihre eigene Person, ihre Begabungen und Reaktionsweisen für ihren Lebensweg besser kennenlernen? Gerade das Gegentei ist der Fall. Der Kunstraum Schule verzögert die Reife und desorientiert die Schüler, wie man schon an den meist infantil-blöden Abi-Scherzen ablesen kann. Schon Seneca erkannte: Nicht für das Leben, für die Schule lernen wir. (106. Brief an Lucilius)


Und Selbstbeherrschung, wird die gelehrt? Ach, die Spaßschule mit Gutnoteninflation ist angesagt, und die Schulstrafen wurden fast gänzlich abgeschafft. Das Smartphone sorgt für zusätzliche Unterhaltung.


Und alles das zu riesigen Kosten, die ständig gesteigert werden bei kontinuierlich sinkenden Kenntnissen.
Ja, Lao, mit deinen Sprüchen würdest du heute in der pädagogischen Provinz als Spaßbremse und Rechtspopulist eingestuft.


Sonntag, 26. April 2015

Wie es so geht


Diogenes ließ um 150 (nach Seneca) diese umfangreichste Inschrift der Antike in eine Hallenwand in Oinoanda (Kleinasien) meißeln. Sie galt der Philosophie Epikurs. Hier ein kleines Bruchstück aus der riesigen Inschrift; im oberen Segment maßen die Buchstaben 3 cm; 50 bis 80 m Schrift wurden in Stein gemeißelt, 3,25 m hoch in 7 Bändern übereinander angeordnet mit etwa 25.000 Wörtern - ein einzigartiges Schriftdenkmal!
Der klassische Philologe Jürgen Hammerstaedt aus Köln forscht mit Martin Ferguson Smith und Kollegen seit 2007 federführend an dieser Schriftstätte mit dem Ziel einer möglichst vollständigen Wiederherstellung des fragmentierten Textes.
Diogenes, der nicht mit dem Tonnenbewohner gleichen Namens zu verwechseln ist, ging es um die Verbreitung des Denkens Epikurs, daher die riesige Wandschrift, die sich an jedermann richtete.

“Der Weise werde auch Sklaven nicht schlagen, sondern vielmehr Mitleid mit ihnen haben und einem Tüchtigen unter ihnen verzeihen.” (Epikur, Fragmente, Diog. Laert., ed. Rainer Nickel, S. 147)

Entsprechend gab es im philosphischen Garten des Epikur, was es in Platons Akademie nicht gab: Frauen und Sklaven. Mit Epikur und der STOA verbreitete sich ein Denken, das weniger scharf für die Herrschaft der Hellenen über alle anderen eintrat, wie das bei Platon und Aristoteles der Fall war. Das erreichte auch manchen jüdischen Wanderprediger, Jesus etwa, der dieses Gedankengut aufnahm und damit das archaisch-rassistische Mose-Judentum reformierte. Seine Urkirche tat sich schwer mit diesem Denken, sie setzte doch lieber auf die kaiserliche Macht Konstantins. Und auf die Verfolgung der Arianer, Waldenser, Hussiten, Hugenotten, Hexen etc., bis die Aufklärer von Friedrich II. bis Voltaire den blutigen Brüdern die Zivilisation beibrachten. Das war ein mühsamer Prozeß, und noch heute hält der Papst Exorzistentagungen ab. Daher hat der SPD-Historiker Winkler durchaus unrecht, wenn er behauptet:

Der Gedanke der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz hätte sich schwerlich durchgesetzt, wäre ihm nicht der Glaube vorangegangen, daß es nur einen Gott gibt, vor dem alle Menschen gleich sind...Als Jesus das...Wort aussprach "So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist", schloß das ein Nein zu jeder Art von Priesterherrschaft ein. Die christliche Unterscheidung von göttlichen und irdischen Gesetzen, zu der es keine Entsprechung im...Islam gibt, ermöglichte letztlich die Säkularisierung der Welt und die Emanzipation des Menschen… “  (Heinr. August Winkler, Geschichte des Westens, Die Zeit der Gegenwart, S. 581f.)  

Die Gedanken sind so eine Sache. Luftig frei sind sie, wie Schiller meint, “doch hart im Raume stoßen sich die Sachen”. (Wallenstein) Pius IX. beanspruchte noch vor kurzem, im 19. Jahrhundert, das Papstkönigtum in Mittelitalien, und verkündete das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes. Da brauchte es die Methoden Bismarcks, der den dunklen Umtrieben des Römlings im preußischen Deutschland damit Einhalt gebot, von Virchow - ein Spätaufklärer - ‘Kulturkampf’ benannt. Die Rechte der Bürger vor dem Gesetz hat die griechische und römische Antike auf den Weg gebracht, insbesondere auch die römische Rechtsschule, die über das Corpus iuris civilis säkulare Rechtszivilisation schuf.







Samstag, 25. April 2015

Anderswo verhält sich die Intelligenz anders











„Todorow hat herausgefunden, daß wir bei der Beurteilung der Kompetenz die beiden Dimensionen der Stärke und der Vertrauenswürdigkeit miteinander kombinieren. Gesichter, die Kompetenz ausstrahlen, verbinden ein starkes Kinn mit einem kleinen Lächeln. Es gibt keine Belege dafür, daß diese Gesichtsmerkmale tatsächlich vorhersagen, wie gut Politiker in ihrem Amt sein werden. … Wie erwartet, ist der Effekt der ‚vom Gesicht abgelesenen Kompetenz‘ auf das Abstimmungsverhalten bei schlecht informierten Wählern mit hohem Fernsehkonsum dreimal so stark wie bei besser informierten Personen, die weniger fernsehen.“ (Daniel Kahneman, Denken, S. 119f.) 

Natürlich gelten solche Fehlurteile auch bei anderen Berufsgruppen, bei Politikern aber sind Fragen der Entartung der Demokratie betroffen. Insofern kann Kahnemans Buch auch als Bibel für den Stimmbürger gelten. 

Kahneman bietet eine Fülle von Beispielen und Befunden für alle Bereiche des Lebens und der Gesellschaft - ein bißchen bleibt er schuldig. 
Warum nimmt er stets linke Positionen ein? Da kommt ein den Ladenverkauf behindernder Gewerkschaftsfunktionär gut weg, das Linksblatt „New York Times“ wird stets positiv erwähnt etc. 
Ist es nicht merkwürdig, daß ein so intelligenter Mann stets die Linksschablone anlegt? Zwischen links und rechts gibt es schließlich noch hundert vernünftige Positionen. 
Mehrere Antworten sind möglich: Die Intelligenz steht eben links. Die jüdische Intelligenz steht besonders links. Die säkularen Zionisten stehen links. 
Alle Antworten treffen der Tendenz nach zu. Und eine weitere wohl auch: Intelligenz verführt zu einem Machbarkeitsbewußtsein, das politisch steuern will. Und dieses Bedürfnis nach politischer Einflußnahme beruht auf der jüdisch-christlichen Vorstellung der Utopie. Der Messias werde kommen und die Welt in Ordnung bringen, bzw. der Gottessohn biete die Erlösung, oder, säkular gewendet, die Intelligenz bringe die Welt in Ordnung. 
Die Anmaßung, mit der Intelligenz ließe sich das Heil der Welt verwirklichen, hat im 20. Jahrhundert zu Lenin, Stalin, Hitler, Mao und Pol Pot und ihren Millionen von Opfern geführt. 

Vorsicht also, wenn Intelligenzler politisch werden. Sie sollten besser die Geschichte der letzten 3000 Jahre studieren.




Freitag, 24. April 2015

Spartiaten in Athen integrieren?


“Der Bürger hat diesen Status nicht, weil er irgendwo ansässig ist - denn auch Metöken und Sklaven teilen (mit den Bürgern) den Wohnsitz … Für die Praxis bestimmt man dagegen als Bürger denjenigen, dessen beide Elternteile - und nicht nur der eine, also Vater oder Mutter - Bürger waren; andere gehen in diesem Prinzip noch weiter und verlangen zwei, drei oder noch mehr (Generationen von) Großvätern (bürgerlichen Standes).” (Aristoteles, Politik, wbg 1990/Schütrumpf 9/II, Buch III, S. 49ff.)  

Der Bürger ist bei Aristoteles der Polis-Bürger einer Gemeinde von nur 1000-5000 Bürgern; dazu kommen Fremde und Sklaven, beide ohne Bürgerrechte. Die Poleis ähnelten einander, wiesen aber doch nennenswerte Unterschiede auf. Der Militär-Kommunismus Spartas war eine andere Lebensform als die attische Demokratie, die von Sparta besiegt wurde. Daran denkt Putin wahrscheinlich morgens und abends. Aber das Einheitlichkeitsargument des Aristoteles, das weltweit gültig ist, wird ihm Kopfzerbrechen bereiten. Amerika war erfolgreich durch strikte Durchsetzung der angelsächsischen Sprache und Kultur. Mit dem Rückgang dieser Dominanz gibt es mehr Probleme zwischen den Einwanderergruppen, die jedoch nie verschwunden waren. Putin versucht mit einem neuen russischen Nationalismus die ethnischen Differenzen des Kreml-Imperiums auszusteuern. Die kaukasischen Geburtenraten und die schwache Fertilität der Russen konterkarieren diese Absicht. Man wird sehen. Einstweilen behält der Staat mit einer eingesessenen Bevölkerung - wie bei Aristoteles - seine Berechtigung, weil er Stabilität, das hohe - höchste? Gut - einigermaßen gewähren kann.













Donnerstag, 23. April 2015

Die "Prinzenerziehung" hat er auch nicht angesprochen - mal Lehrerinnen in Berlin fragen, wie sich die in der Schule auswirkt







Prediger Joachim Gauck redet über alles. Gerade beklagte er, daß in Deutschland Familienherkunft und Schulerfolg zusammenhängen.

Das ist natürlich überall so, die einzig sinnvolle Frage ist dabei, ob die Herkunft eine so große Rolle spielt wie die beiden Hauptfaktoren: Begabung (genetisch) und offenes Schulangebot an alle.  Das deutsche Schulsystem ist in hohem Maße durchlässig. Wir haben selbst vor Jahrzehnten den 2. Bildungsweg beschritten.

Welche Rolle spielt hier die Familie? Sie kann zB Nachhilfeunterricht bezahlen oder selbst erteilen. Die Auswirkung solcher Hilfestellung läßt sich in den Ergebnissen etwa der amerikanischen „Headstart“-Programme ersehen. Die positive Wirkung hält eine Zeitlang an und reduziert sich dann wieder auf den eigentlichen, individuellen Begabungswert. Dies entspricht auch der praktischen Erfahrung mit der Nachhilfe. Der Effekt hält nicht an und ist begrenzt.
Weit bedeutsamer ist die Familie jedoch in den frühen Jahren: die intelligente, zugewandte und zeitgroßzügige  Interaktion von Mutter, Vater und Kind - speziell der Mutter, die aufgrund der Schwangerschaftszeit eine besonders enge Beziehung zum Kind besitzt, wie auch umgekehrt das Kind die Stimme der Mutter schon lange vor der Geburt kennt. Ab dem 4. Schwangerschaftsmonat kann das Kind hören.
Wenn die Bindung glückt, so entsteht ein fundamentales Lebensvertrauen, das für alle Lernvorgänge förderlich ist, selbstverständlich auch für das Schullernen.
Wenn es Joachim Gauck ernst gemeint hätte mit seinen Schulanmerkungen, dann hätte er hier einen Akzent gesetzt für die Nichtberufstätigkeit der Mutter in den ersten zwei bis drei Jahren, je nach Entwicklungsgeschwindigkeit des Kindes.

Er hätte auch die „Nikotinbabys“ ansprechen können (Bubrowski, Lucia Schmidt, FAZ 22.4.15), ca. 12% der Mütter rauchen, es sind wohl die dümmsten Mütter, so daß die frühgeborenen „Nikotinbabys“ nicht nur bei der Begabungsvererbung keinen „Headstart“ erleben, sondern hinsichtlich einer ganzen Reihe von Faktoren ein besonderes Lebensrisiko besitzen.
Und noch weiteres ließe sich aufzählen - stattdessen plappert der Präsi nur die rotgrüne Leier nach. Schade eigentlich.















Mittwoch, 22. April 2015

Mehr ist mehr


Konzertierte Aktion: Gauck + FAZ-Bähr + MIT: 
„Soziale Unterschiede
Kleinhirn an Großhirn
Dass Kinder aus wohlhabenden Familien sich in der Schule leichter tun, ist hinlänglich bekannt. Aber bislang waren noch nicht alle Gründe dafür aufgedeckt. Eine neue Studie zeigt: Reiche Kinder haben größere Gehirne.
20.04.2015, von JULIA BÄHR“ 

Zum ersten April wäre der Artikel sicher ok. Aber danach? Eigentlich reicht schon diese Feststellung:

„The study included 58 students“ (MIT News) 58 Teilnehmer sind wenig hinweiskräftig. 1300 wären es. Zum anderen, und das ist weit wichtiger, zählt bei Gehirnen die Zahl der Verbindungen, der Synapsen - nicht das Gewicht. Sonst sähe es etwa für weibliche Gehirne schlechter aus, weil sie etwas kleiner sind. 

Dienstag, 21. April 2015

„ Gauck: Bildung immer noch von Herkunft abhängigBundespräsident Gauck hat kritisiert, dass die Schulbildung in Deutschland in vielen Fällen immer noch von den familiären Verhältnissen abhängig ist. Gauck sagte bei einer Veranstaltung zum Thema "Starke Schule" in Berlin, die Herkunft bestimme in der Regel, welchen Abschluss jemand schaffe und welche Talente er entfalten könne. Dies sei zutiefst ungerecht. Der Bundespräsident rief die Unternehmen auf, stärker mit den Schulen zusammenzuarbeiten, um die Schüler über berufliche Möglichkeiten zu informieren.“ DLF 21.4.15 Nachrichten Herr Gauck ist Prediger. Trotzdem könnte er sich psychologisch belesen. Zumal er in einer Diktatur aufgewachsen ist, in der es keine empirische Psychologie an den Hochschulen gab. Und er sollte einfach überlegen: Wenn der Schulerfolg von 2 Dingen abhängt, nämlich von Begabung und Unterricht, der Unterricht bereits ein Höchstmaß an Förderung miteinschließt und in der Schule kaum noch steigerbar ist - dann muß die Bedeutung der Begabungsunterschiede zwischen den Schülern stärker hervortreten. Da inzwischen die soziale Schichtung durch die riesenhafte Förderung und die große Aufstiegs-Mobilität weitgehend eine IQ-Schichtung geworden ist, ist das Begabungspotential in der sog. Unterschicht nicht sehr groß. Ein Beispiel für Aufstieg stellt VW-Chef Winterkorn dar, der aus einfachen Verhältnissen stammt. Vor hundert Jahren wäre dieser Aufstieg für Winterkorn zwar auch möglich gewesen - Alfried Krupp hatte weder Abitur noch Studium, nur Schulden des Vaters, und stieg trotzdem auf - aber der Aufstieg war doch sehr viel schwieriger, als er es heute ist. Bezogen auf Mischels klassischen Keks-Test heißt das, daß man mit diesem Test Begabungen wie Krupp und Winterkorn - und zwar unabhängig von der sozialen Lage! - früh erkennen kann, und natürlich auch die schwachen Begabungen, für die man spezielle, auf Aufmerksamkeitssteuerung abgestellte, psychologisch basierte Trainings früh anbieten sollte. Damit lassen sich zwar keine Krupps und Winterkorns herstellen, aber doch gewisse Verbesserungen erreichen. (Vgl. Kahneman, Denken, S. 65f.) Die Schule kann das nicht, dort geht es um die Vermittlung von Lehrstoff. Herr Gauck, studieren Sie doch bitte mehr, und reden Sie bitte weniger. WD /// Walter Mischel on his Marshmallow Experiment

Montag, 20. April 2015

Atul Gawande, Being mortal



„ … Mit der Veröffentlichung von Atul Gawandes Buch „Being Mortal“ (Sterblich sein) im Oktober 2014 aber rückten die Grenzen der Medizin plötzlich ins Zentrum der Aufmerksamkeit amerikanischer Leser. Gawande, Jahrgang 1965, ist praktizierender Chirurg am Brigham und Women’s Hospital und Professor für Chirurgie an der Harvard Medical School. Außerdem ist er seit 1998 Essayist für den „New Yorker“ und Autor von hervorragend geschriebenen Bestsellern über seine tägliche Arbeit und die Notwendigkeit, seine Leistung als Arzt und die medizinische Praxis insgesamt zu perfektionieren. „Better: A Surgeon’s Notes on Performance“ hieß sein Bestseller von 2007.
Und jetzt das Gegenteil: ein Plädoyer für die Anerkennung des Todes und die Integration des Todesbewusstseins in die medizinische Praxis. Denn, so Gawandes Fazit in „Being Mortal“, abringen kann man dem Tod fast nichts. Aber man kann ihm etwas von der bitteren Brutalität nehmen, die jene erfahren, die sich ihm zu lange und zu verzweifelt widersetzen. Damit kommt Gawande bei jener alten Kunst des Sterbens, der Ars Moriendi, an, die er als eine hohe Kunst der Selbstbestimmung preist und die mit dem technologischen Fortschritt seit etwa 1950 überflüssig geworden zu sein schien. …“ (FAZ 15.04.2015)

So, wie immer das Murmeltier grüßt, gibt es beim DLF montags in der Rezensionssendung ANDRUCK linke Bücher. Heute wurde das Buch eines protestantischen Funktionärs (Bedford-Strohm) zur Sterbehilfe besprochen. Diese Glaubensfuzzis wollen stets Einfluß nehmen und anderen, wie beim Religionsunterricht alter Sorte, ihre windige Meinung aufzwingen. Und bei den linken Redakteuren finden sie dann Aufmerksamkeit. Denn heutzutage hat die Linke, früher war sie antiklerikal, ein Bündnis mit den Aberglaubensfunktionären geschlossen: zusammen lassen wir den Sozialismus wiederauferstehen von den Toten. 

Die Aberglaubensbrüder waren immer gegen den Freitod - nicht gegen das Verbrennen von Dissidenten - heute auch; wenn man diesen Jungs eine Rezension widmet, sollte man auch die andere Position darstellen, zB Jean Amery, „Hand an sich legen“; oder aktuell: Atul Gawande, Being mortal.

Sonntag, 19. April 2015

Wunder durch Bildung?


Das BGB tut's auch






Da werden Schulen in Afghanistan, Mali und Peru von Europa aus betrieben oder unterstützt, um dem Fanatismus das Wasser abzugraben und Wohlstand zu schaffen. Dann kommen die Taliban, Touareg oder die Maoisten des "Leuchtenden Pfades".

Und daheim hört man von recht oft von Gymnasiasten, die nach dem Abitur eine Weltreise machen, oder irgendwelche Praktika in Australien oder sonstwo absolvieren, oder jahrelang als Au-Pair-Mädchen arbeiten.
Hat die lange Schulzeit diese Absolventen „gebildet“? Oder hat die Schule  ihre Schüler eher beschäftigt und dann orientierunglos entlassen? Man muß zu diesen Desorientierten ja auch noch diejenigen zählen, die ein paar Semester frei auf Bafög herumstudieren, um dann abzubrechen und eine Lehre zu beginnen. 
Diese nicht so kleine Gruppe konnte sich auch nicht selbst „bilden“, wie es dem klassischen Bildungskonzept entspricht, denn „sich bilden“ ist eine subjektive Anstrengung, zu dem von außen nur eine Hilfestellung erfolgen kann. Und zu dieser Bildungsanstrengung gehört auch eine Veranlagung. Ohne diese nützt keine äußere Hilfestellung. Der Dr. Jekyll bleibt ein Mr. Hyde. 

Hier wird deutlich, daß das klassische Bildungskonzept stets an eine Verbesserung, einen Fortschritt, eine Zivilisierung, Befriedung und an Erziehbarkeit glaubt. Die Erfahrungen der Geschichte zeigen aber keinen Automatismus, und die Absolventen der Koranschulen setzen in Syrien, Pakistan und anderswo ein großes Bildungsfragezeichen. Das tun auch die aus Akademia stammenden Aberglaubenvereine Greenpeace, NABU, WWF und IPCC. 
Man sollte es vielleicht mehr mit praktischer Ausbildung versuchen, die schafft Wohlstand, und dem Corpus iuris, das schafft Stabilität.  


PS: Der "Leuchtenden Pfad" Perus wurde etwa 1960 von dem Philosophieprofessor Abimael Guzman gegründet. 







Samstag, 18. April 2015

VW, China und TTIP



Porsche-Enkel Piech ist ein Techniker, der aber auch als Vorstandschef von VW keine gravierenden Fehler gemacht hat. Jedenfalls keine, die sich bis heute gezeigt haben. Gefährlich werden könnte das starke Engagement VWs in China, wenn die Diktatur glaubt, sie müsse VW in die Zange nehmen. Daher legt Piech großen Wert auf eine Absatzverbesserung in den USA, wo Winterkorn, der jetzige VW-Chef, nicht gut vorankam. Dieser Umstand, und auch das Alter Winterkorns und seine Eingewöhnung in den Erfolg, dürfte Piech bewegen, wenn er jetzt die Ablösung Winterkorns betreibt.
Kein Vorstandsvorsitzender sollte in der Regel lange in der gleichen Position bleiben, Betriebsblindheit droht immer. Die wichtige Stärkung des US-Geschäfts gelang ihm nicht. Könnte das dem Schwaben und ehemaligen VW-Vorstand Wolfgang Bernhard gelingen? Bernhard, 55, jetzt bei Daimler, war bei Chrysler und Cerberus, und er hat seinen Master in NYC gemacht. Man wird sehen. Jedenfalls gilt auch hier wie auf vielen anderen Feldern, daß das schwächelnde Europa enger mit dem Verwandten jenseits des Atlantiks zusammenarbeiten sollte.

Freitag, 17. April 2015

Auch heute noch Pol Pots Freund: Jan Myrdal








Die Spezialität der marxistischen Diktaturen besteht darin, Teile der eigenen Bevölkerung zu terrorisieren, einzusperren und zu ermorden. 
Ob Lenin, Stalin, Mao - sie rotteten nach Gutdünken aus, brutal und erbarmungslos. 

An der Spitze der Brutalität steht aber Pol Pots Terrorherrschaft. Er marschierte mit seiner maoistischen Verbrecherbande aus kenntnislosen jungen Männern am 17.4.1975 in Phnom Penh ein und begann das Abschlachten von 2 bis 3 Millionen Kambodschanern. 

1978 bereisten vier bekannte linke Schweden das Todesland der Roten Khmer: Jan Myrdal, Hedda Ekkerwald, Peter Fröberg Idling u. Per Olov Enquist. 
Sie fanden alles prima und verbreiteten diese Propaganda durch die ihnen angeschlossenen Medien im Westen. Wenigstens einer setzte sich nachträglich mit dieser Schandtat öffentlich auseinander: 
Peter Fröberg Idling hat zu dieser Reise ein Buch vorgelegt: Pol Pots Lächeln. Eine schwedische Reise, 2013
















Donnerstag, 16. April 2015

Kulturdialektik






Bismarck war Zivilist, kein Militär; er folgte jedoch häufig bei offiziellen Auftritten der törichten Uniformmode - hier ein ziviles Foto von 1894, vier Jahre nach seiner Entlassung durch den jungalbernen Wilhelm II. und vier Jahre vor seinem Tod. 


Der Kulturkampf, der Ausdruck stammt von Virchow, diente der Kultur. Der zivilen, der Freiheitskultur. Sie mußte den Herrschaftsmächten, den Kirchen der Zwangstaufen, abgerungen werden. Bemerkenswert, wie sich das in Deutschland abspielte. Von Rom aus regierte der absolutistische Monarch Pius IX. nach Deutschland hinein über die ihm ergebenen Paladine. Das ließ sich das protestantische Preußen nicht bieten, sondern schwächte den finsteren Römling durch allerlei Maßnahmen, darunter sehr wirksam und zukunftsträchtig die Einführung des Standesamts mit Zivilehe und den amtsgerichtlichen Kirchenaustritt. 


Zentrale Figur des Kulturkampfes war Bismarck, der durch den pommerschen Pietismus der Thadden und Blankenburg beeinflußt war. Marie von Thadden hätte Bismarck mutmaßlich gern geheiratet, sie war jedoch verlobt; nach ihrem frühen Tod heiratete er deren Freundin Johanna von Puttkamer. 
Die Familie wird in Berlin vom zuständigen evangelischen Pfarrer Ernst von Dryander als fromm beschrieben. 

Dienstag, 14. April 2015

Entführung in Chibok


Vor einem Jahr entführte die islamistische Terrormiliz Boko Haram 200 Schulmädchen aus einem staatlichen Internat in Chibok, Nigeria. 
Bis heute erfolgte keine Befreiung, nicht einmal der Aufenthaltsort konnte von der Regierung ermittelt werden. 
Chibok ist überwiegend christlich, daher wohl ein bevorzugtes Ziel der Islamisten. 

Afrika leidet überall an den unfähigen Eliten, deren vornehmstes Ziel die persönliche Bereicherung darstellt.

Außenminister Steinmeier redet auf der Außenminister-Konferenz in Lübeck vor dem Hintergrund der afrikanischen Katastrophen vom CO2-Klimawandel, den es gar nicht gibt.






Montag, 13. April 2015

Immobilien - aber sicher





The Sqaire am Frankfurter Flughafen - von der Bahn ins Flugzeug oder umgekehrt

(Foto: Wiki./Simsalabimbam)


Die Zukunft ist nicht die Verlängerung der Vergangenheit


Ende 1989 lag der Börsenkurs der IVG (Industrieverwaltungsgesellschaft) bei 600 DM, also bei rund 300 Euro. 2013 sank der Kurs gegen Null, die Insolvenz trat ein, und die Notierung der IVG erlosch. Zahlreiche Aktionäre des ehemaligen Bundesunternehmens verloren ihr Geld. Die Aktie galt als mündelsicher.
Langjähriger Vertrauensanker war John von Freyend gewesen, der von 1995 bis 2006 im Chefsessel saß und dann in den Aufsichtsrat des Büroimmobilienunternehmens wechselte. Ein Totalverlust bei einer Immobiliengesellschaft, die zudem ein sehr solides Standbein im Kavernengeschäft (Öl- und Gasbevorratung) besaß? Was war da geschehen?

Das, was bei anderen deutschen Großprojekten wie der Elbphilharmonie und dem Berliner Flughafen auch passierte: Pech, Pannen, Kompetenzillusion.
Aber ohne Anschluß an die Steuerkasse, in die die Politiker schamlos greifen, droht Insolvenz.
Die IVG wollte zur Entschuldung The Sqaire verkaufen, das AIRRAIL-Projekt als solches ist attraktiv, doch fand sich kein Kaufinteressent.
Eine betrübliche Geschichte. Ob Donald Trump es besser hätte machen können?









Sonntag, 12. April 2015

Hegel kannte keine Regression














„Für Gary, Connie, Kevin und Darrin in der Hoffnung, daß die genetische Regression zum Mittelmäßigen ihnen nicht allzusehr mitgespielt hat!“
Diese Widmung stellt Hans Jürgen Eysenck seinem Buch „Die Ungleichheit der Menschen. Ist Intelligenz erlernbar?“, voran. 

Damit macht Eysenck auf ein merkwürdiges Phänomen aufmerksam, die Regression zum Mittelwert, die in vielen Bereichen immer wieder für Verwirrung sorgt. Wenn nämlich intelligente Eltern weniger intelligente Kinder haben, und auf Spitzenleistungen regelmäßig schlechtere Leistungen folgen. 
In Eysencks Widmung liegt also zugleich Erklärung und Trost. 
Für seinen IQ ist jeder nur teilweise verantwortlich, ein Großteil wird durch den Zufall der Genetik bestimmt. Und die wichtige Eltern-Kind-Beziehung beruht nicht auf dem IQ. Eltern sollten unbedingt diese beiden Bereiche auseinanderhalten. 

Und auch alle anderen Menschen, Lehrer und Vorgesetzte, etwa. Auf eine gute Leistung ist eine weniger gute zu erwarten. Ein Ausbilder, der eine Leistungssteigerung bei einem Schüler auf seinen Tadel zurückführt, liegt falsch. Auf eine weniger gute Leistung ist nämlich eine bessere zu erwarten. Kahneman widmet dieser Regelmäßigkeit - bei gleicher Motivationslage - ein Kapitel (Daniel Kahneman, Denken, S. 219ff.) Beide Systeme - das intuitive und überlegende - tun sich gleichermaßen schwer mit der Regression, die aber ernährt die Wettbüros gut. Insbesondere das System 1, aber auch die Überlegung des Systems 2 scheitert an einem direkten Verständnis. 
Kahneman illustriert mit einer erfundenen Schlagzeile: 
„Bei depressiven Kindern Kindern, die mit einem Energiedrink behandelt werden, verbessert sich die Stimmungslage deutlich über einen dreimonatigen Zeitraum. … Depressive Kinder sind eine Extremgruppe, sie sind bedrückter als die meisten anderen Kinder - und Extremgruppen regredieren mit der Zeit zum Mittelwert … Die Stimmungslage depressiver Kinder wird sich mit der Zeit auch dann in einem gewissen Umfang bessern, wenn sie keine Katzen streicheln und keinen Energiedrink zu sich nehmen.“ (Daniel Kahneman, Denken, S. 228f.)

Ob man auch bestimmte Zivilisationen als Extremwertgruppe betrachten kann? 












Samstag, 11. April 2015

Anker werfen und geankert werden





Was soll das Häuschen denn kosten? Die Haustür ist sehr hübsch, beste Tischlerarbeit. Gehört der BMW dazu?


Je weiter von den Basis-Trieben entfernt eine Orientierung erfolgt, desto schwerer fällt sie. Die Unsicherheit wird dann durch Anker, kognitive Anhaltspunkte, bewältigt. Zum Beispiel einfach durch Nachahmung, wie schon durch Gabriel Tarde beschrieben. Das Verhalten der Eltern wird kopiert, die Kinder erlernen die Berufe der Eltern oder anderer Familienmitglieder. Im Gehirn erfolgt durch die Wahrnehmung eine Vorbahnung (Priming), die sich durch Wiederholung verstärkt und stabilisiert. Je weniger Vorbahnung durch Erfahrung vorhanden ist, desto wirksamer sind gesetzte Anker. Bei Preisen wird inzwischen gewohnheitsmäßig ein höherer Preis durchgestrichen und ein niedrigerer Preis ausgewiesen. Das funktioniert auch bei Sachverständigen, jedenfalls bei komplexen Gütern wie Immobilien. Jedenfalls ist das ein Ergebnis bei Kahneman:
“Jeder Makler äußerte seine Meinung über einen angemessenen Preis für das Haus und den niedrigsten Preis, zu dem er das Haus verkaufen würde, wenn er der Eigentümer wäre. … Der Ankereffekt betrug 41%. Tatsächlich waren die fachkundigen Praktiker fast genau so anfällig für Ankereffekte wie BWL-Studenten ohne Immobilienerfahrung, deren Ankerungsindex 48% betrug.” (Daniel Kahneman, Denken, S. 158)
Dieses Ergebnis überrascht, und als Makler würde ich einem Psychologen nicht mehr Glaubwürdigkeit zubilligen als einem Juristen o.ä. 


Das Beispiel erinnert mich an zwei mäßig begabte Nachhilfeschüler während meiner Studienzeit, die, Vorbahnungseffekt!, in die Schuhe des Vaters aus dem Baufach schlüpften und sich, ohne einschlägiges Studium, auf die gewinnträchtige Sanierung von Altbauten spezialisierten und mit ihren Kaufangeboten an Altbaubesitzer ganz erfolgreich waren bzw. sind. Immobilienpreise sind keine einfach zu bestimmenden Preise, die Praxis dürfte eine große Rolle spielen bei der erfolgreichen Preiseinschätzung, und das müßte sich gegenüber unbedarften BWL-Studenten ohne diese Erfahrung stärker bemerkbar machen als im Unterschied von nur 7% Ankerungseffekt. Möglicherweise war der Test schlecht konstruiert, so daß der Erfahrungsaspekt minimiert wurde. Das aber würde wenig Sinn machen, denn die Kenntnis des sich stets verändernden Marktes macht den Makler wertvoll.  


















Freitag, 10. April 2015

Vorzeigeunternehmerin bei Gabriel, angeblich Wirtschaftsminister


Wie hat sie sich in den zwei Jahren als Unternehmerin verändert? Im ersten Jahr der Gründung habe es noch viele Hoch und Tiefs gegeben, erzählt Lea-Sophie Cramer. Sie habe nun zwar eine gewisse Grundsicherheit gewonnen, weil die Resonanz der Kunden so gut sei, aber „ruhiger“ sei sie nicht geworden. Sie würde immer noch wie von einer Hummel gestochen herumrennen. Kein Wunder: nebenbei ist Cramer jetzt auch noch Verwaltungsrätin der Conrad Electronic SE und „Vorbild Unternehmerin“ beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie von Sigmar Gabriel sowie Beisitzer des Bundesverbands Deutscher Startups. …” FAZ Unternehmensporträt 7.4.15

Sie meint wohl eine Wespe, denn Hummeln sind so wenig stechfreudig, daß man im Zweifel ist, ob sie überhaupt stechen können.
Mit diesem Sexspielzeug-Unternehmen ist die Zukunft des Landes zweifellos abgesichert.















Donnerstag, 9. April 2015

Aus der Metternich-Zeit oder: frisch und fromm zugestochen







Sands Hinrichtung 1819, auf der er, trotz Begnadigungsangebots, besteht.

(Bild: Wikiped.)


1819 ersticht der Burschenschafter und protestantische Theologiestudent Karl Ludwig Sand im badischen Mannheim den populären Theaterdichter Kotzebue, weil der, aus der geistig beschränkten Perspektive des Sand gesehen, sich nicht ausreichend für die deutsche Einigung einsetzt, stattdessen informationelle Beziehungen zum Zar in Petersburg unterhält. Kotzebue gilt den Burschenschaftern als russischer Spion. 


Der Vater des genialen Erfinders Karl Drais, Karl Wilhelm Ludwig Friedrich von Drais Freiherr von Sauerbronn, verurteilt als Hofrichter den frommen Mörder Drais zum Tode. Danach stellen Burschenschafter dem völlig unbeteiligten, demokratisch gesonnenen Sohn Drais nach und verüben einen Mordanschlag auf ihn, dem er aber entkommt und der daraufhin zeitweilig nach Brasilien flieht. 


Mittwoch, 8. April 2015

Die Statistik ist beliebt











Halsbandsittiche über den Autos der Kö und auf Augenhöhe mit den Schornsteinen - hier bin ich Sittich, hier geht’s mir gut.
Ja, und deswegen erhöht sich auch die Lebenserwartung der Menschen selbst im stinkigen Köln ständig.


Wo läßt man sich am besten nieder, wenn man an die Gesundheit denkt? In städtischen Verdichtungsräumen eher nicht, da stehen die Heizthermosthate auf 25°C. Auf dem Land ist es bestimmt gesünder, da wird ein Pullover angezogen. Daher leuchtet es ein, daß zum Beispiel die Nierenkrebsrate in denjenigen Counties der USA am niedrigsten ist, die dünn besiedelt sind. Gesunde Umwelt, gesunde Menschen, Wald und Wiese.

Oder liegt es daran, daß dort stärker republikanisch gewählt wird? Gesunde Umwelt, gesunde Politik, gesunde Nieren?

Stutzig macht, daß diese Landkreise zugleich aber auch die höchste Nierenkrebsrate aufweisen. Wenn man darüber nachdenkt, könnte man zu dem Schluß gelangen, daß es an der niedrigen Zahl von Museen und Universitäten dort liegen könnte und an den fehlenden Straßenbahnen.

Man merkt langsam, warum Statistik bei den Greenpeacern so beliebt ist. Denn die beiden scheinbar widersprüchlichen Befunde aus der Untersuchung von über 3000 Counties beruhen auf der Statistik der kleinen Zahlen. Je kleiner die Stichproben, desto mehr Extremwerte kommen vor. Der manisch nach Kausalitäten suchende Mensch geht fehl, er findet hier keine Kausalität. Es gibt keine. Und deswegen kann man mit Statistiken so gut betrügen.
Wie Daniel Kahneman aus der eigenen Praxis berichtet, sind auch Statistiker und Statistiklehrer nicht gegen solche Fehler der kleinen Stichprobe gefeit. Was nicht gerade beruhigt.
(Daniel Kahneman, Denken, S. 139ff.)

Übrigens schmuggelt Kahneman so diese und jene Beeinflussung in sein Buch. Er hält er es zum Beispiel mit den Delphinen, während ihm die Fliegenden Fische und all die anderen mittelgroßen Fische, die von den Delphinen gefressen werden, völlig piepegal sind. „Finanzhaie“ mag er nicht, die „alte Menschen ausnehmen“, (diese pösen Banker!), dagegen bemitleidet er  „ölverschmierte Seevögel“, und bei ihm kandidieren stets Frauen - will er Hillary Clintons Kandidatur befeuern  zur Unterstützung der Delphine? 
Kahneman scheint seine Stereotypen aus einer Wahlkampfbroschüre der Demokratischen Partei zu beziehen. 
Nobody ist eben perfect.

Dienstag, 7. April 2015

Leib und Seele




„Die subjektive Erfahrung einer frei gewollten Handlung ist weitgehend losgelöst von der physikalischen Kausalität. … Viele Menschen beschreiben wie selbstverständlich ihre Seele als die Quelle und die Ursache ihrer Handlungen. Der Psychologe Paul Bloom … stellte die provokative Behauptung auf, unsere angeborene  Bereitschaft, physikalische und intentionale Kausalität zu trennen, erkläre die Tatsache, daß religiöse Überzeugungen praktisch universell seien.
Er bemerkte: ‚Wir nehmen die Welt der Dinge weitgehend getrennt von der Welt der Psyche wahr, und dies ermöglicht es uns, daß wir uns seelenlose Körper und körperlose Seelen vorstellen.'

(Daniel Kahneman, Denken, S. 103) 
Blooms Aufsatz von 2005 in: theatlantic.com














Montag, 6. April 2015

Aber Halo!















Ein Buch, dem man viele Leser wünscht. Belehrt es doch darüber, wie unsicher das menschliche Erkenntnisvermögen ist, und wie viele systematische Verzerrungen auftreten. Auch bei sog. Experten. So gibt Kahneman ein Beispiel aus der eigenen Küche für den Halo-Effekt: bei der Benotung mehrerer studentischer Arbeiten eines Studenten hintereinander stellte er fest, daß er die folgenden Arbeiten im Lichte der zuerst benoteten Arbeit einschätzte. (S. 110)

Da in modernen Gesellschaften mit ihrem Diplomierungswesen  - früher reichte es, daß man adelig geboren war - Noten eine große Rolle spielen, kann die Bedeutung des Halo-Effekts schwerlich überschätzt werden und sollte allen Lehrenden schon in der Ausbildung bewußt gemacht werden. Da Schulen Massenabfertigungsbetriebe sind und die Lehrer nur über begrenzte Möglichkeiten verfügen, sind Beurteilungsverzerrungen durch Halo-Effekte grundsätzlich nicht zu verhindern, ein Grund mehr, die ganze Notenmethodik in Frage zu stellen. So weit geht Kahneman aber nicht. Sieht er nicht, daß eine Ziffer eine Objektivität und Einheitlichkeit suggeriert, wo es tatsächlich um eine gewichtete Zusammenziehung mehrerer, eventuell vieler Einzeldaten aus einem längeren Zeitraum geht?
So wird eine Lehrerin - es gibt ja fast nur noch Lehrerinnen in Grundschule und Unterstufe - dazu neigen, in einem Schulhalbjahr, in dem Nacherzählungen auf dem Lehrplan stehen, die Nacherzählungsleistung im Gesamtstoff stärker wichten, wohingegen ein sachlich orientierter Lehrer anders verfahren würde. Zudem handelt es sich bei Noten vor allem um ein Binnenmaß in einer Lerngruppe, wodurch die Noten in Bremen und in Bayern nicht mehr vergleichbar sind.
Ich glaube, es war Sarrazin, dessen Frau Lehrerin in Berlin ist, der launig sagte, daß bayrische Hauptschüler besser seien als Berliner Abiturienten.
Aber immerhin zeigt Kahneman das Problem auf, dazu noch sehr viele andere, die die Lektüre seines Buches wertvoll machen.







Sonntag, 5. April 2015

Der Primat, der spazieren geht

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Stimmt, im Tale grünet Hoffnungsglück

Vor dem Tor


Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dort her sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur.
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen!
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden:
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen,
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!
Goethe, Faust I, Osterspaziergang


Trefflich, der Alte! Wenn man sich dazu vergegenwärtigt, daß die Goethezeit in das Ende der Kleinen Eiszeit fällt, daß die Winter strenger waren und es keine Zentralheizungen gab, und keine Steinkohle für den Kachel- oder Eisenofen, die Essensvorräte oft schon weitgehend oder ganz erschöpft waren, so daß gehungert werden mußte und Bucheckern gesammelt wurden - dann kann man die Freude der Menschen bei dem bereits hohen Sonnenstand Anfang April intensiv nachempfinden.