Mittwoch, 4. April 2018

Partikulares Wissen und Bildung


“... auch die Stunden des Kummers, des Unmuts, der Langeweile sind nicht verloren. Sie ziehen den Geist in sich zurück, machen, daß er in sich fort in unermüdeter Tätigkeit denkt, arbeitet und sich immer mehr und von neuen Seiten ausbildet. Und auf Bildung unserer selbst kommt es doch allein an; wenn sie allein auch nicht glücklich macht, so ist sie doch alles Glücks erste Bedingung. Stimmt der Gang der Welt außer uns nicht mit unsern Wünschen überein, so bleibt uns noch die Welt in uns, es bleibt uns Erinnerung an die Freuden, die wir genossen; es bleibt uns das Bewußtsein, wie jede Lage, die fröhliche und die traurige, dazu beitrug, uns zu dem zu machen, was wir sind, und es bleibt uns endlich Kraft, durch neue Tätigkeit auch die Verbindung von Umständen, die das Schicksal jetzt um uns kettet, zu neuem Guten für uns und für andre zu benutzen.”  

Humboldt, Wilhelm von. Wilhelm von Humboldt im Verkehr mit seinen Freunden Eine Auslese seiner Briefe (German Edition) (S.26). Projekt Gutenberg-DE. Kindle-Version.

Ist ein Arzt gebildet, weil er ein Arzt ist? Kaum. Nicht im Sinne Humboldts. Der Arzt ist ein Handwerker, der ein Hochschulstudium absolviert hat. Bei anderen Hochschulfächern verhält es sich ähnlich, wenn auch der Ökonom oder der theoretische Physiker ganz des Handwerks entbehren. Die Inhalte eines Studiums können zwar den Studenten zur geistigen Auseinandersetzung in einem größeren Horizont anregen - den braucht eine Bildung - aber sie müssen es nicht, und sie tun es meist auch nicht. Und bei Dr. Fall dürfte das so sein. Und auch im weiteren Sinne, der rationalen Weltorientierung wird es sich so verhalten. Bei Afrikanern, die westliche akademische Abschlüsse erreichen, liest man immer wieder, daß sie in die je eigene Herkunftskultur zurückkehren, zumindest teilweise. Sie bildet den großen Orientierungszusammenhang. Das Studium und die Profession bleiben partikular. Und der Geisterglauben vermittelt kein konstruktives Orientierungwissen.

https://www.nzz.ch/international/geisterpriester-und-zahnchirurg-ld.1369482